30. Oktober, 2024

Politik

Gesetzesänderung bremst Bauprojekte auf Bahnflächen: Stuttgart schlägt Alarm

Gesetzesänderung bremst Bauprojekte auf Bahnflächen: Stuttgart schlägt Alarm

Die jüngste Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes stellt den Deutschen Städtetag vor erhebliche Herausforderungen bei der Umsetzung wichtiger Bauprojekte auf nicht mehr genutzten Bahnflächen. Besonders betroffen scheint die Stadt Stuttgart zu sein, die auf dem Gelände des bald nicht mehr genutzten Hauptbahnhofs zahlreiche Wohnungen plant. Ein Schreiben des Städtetags an seine Mitglieder, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, macht auf diese Problematik aufmerksam.

Die Gesetzesänderung betrifft die sogenannte Entwidmung, die bisher ermöglichte, dass nicht mehr benötigte Bahnflächen verkauft und anderweitig genutzt werden können. Seit Ende des letzten Jahres gelten Bahnbetriebsflächen jedoch als „überragendes öffentliches Interesse“. Nur Projekte, die ein noch höheres öffentliches Interesse nachweisen können, dürfen diese Flächen künftig in Anspruch nehmen.

Der neue Rechtsrahmen zielt darauf ab, die langfristige Nutzung von Bahnflächen zu sichern und einem erneuten Rückbau des Schienennetzes vorzubeugen. Nach Ansicht des Städtetags erschwert dies jedoch andere Vorhaben übermäßig. Lediglich Projekte im Interesse der Landesverteidigung, der erneuerbaren Energien oder des Fernstraßenbaus kommen laut Eisenbahn-Bundesamt (EBA) infrage. Der Wohnungsbau oder die Schaffung von Arbeitsplätzen sind davon ausgenommen.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel bestätigte auf eine Anfrage hin, dass die Stadt Stuttgart noch keinen Entwidmungsantrag für das Gleisvorfeld des Hauptbahnhofs gestellt habe. Er zeigte sich überzeugt, dass das neue Gesetz solche Projekte verhindere und sprach sich gleichzeitig für hohe Hürden bei der Entwidmung von Bahnflächen aus, um das Wachstum des Bahnverkehrs sicherzustellen. Dies sei ein zentrales Ziel der Bundesregierung, die bis 2030 die Fahrgastzahlen verdoppeln möchte.

Die Stadt Stuttgart sieht die Lage allerdings anders. Ein Sprecher der Stadt argumentierte, dass der Bund nicht befugt sei, Bahnflächen auf Vorrat zu halten, wenn keine konkreten Planungen vorlägen. Eine Verweigerung der Entwidmung allein aufgrund der theoretischen Möglichkeit einer künftigen Bahnnutzung sei verfassungsrechtlich nicht haltbar.

Auch über Stuttgart hinaus warnt der Städtetag vor den Folgen der neuen Regelung. Eine Umfrage unter Mitgliedern des Bau- und Verkehrsausschusses deutet darauf hin, dass zahlreiche lokale Projekte, insbesondere Wohnbauvorhaben, zum Stillstand kommen könnten. Die Stadt Stuttgart will sich daher mit anderen betroffenen Städten vernetzen und für ihre Rechte kämpfen.