Die jüngste Entscheidung Georgiens, den EU-Beitrittsprozess bis 2028 auszusetzen, hat für internationale und nationale Aufregung gesorgt. Der Botschafter der Europäischen Union in Georgien, Pawel Herczynski, äußerte sich zutiefst betroffen über diesen Schritt, der sowohl den politischen Traditionen des Landes als auch den Wünschen der Bevölkerung widerspreche. Mit rund 80% der georgischen Bürger, die den EU-Beitritt unterstützen, ist die Entscheidung ein harter Schlag für viele, die auf eine stärkere Anbindung an Europa gehofft hatten.
Inmitten dieser Spannungen kam es in der Hauptstadt Tiflis zu erheblichen Protesten. Tausende pro-europäische Demonstranten versammelten sich vor dem Parlament und wurden schließlich von den Sicherheitskräften mit Tränengas und Wasserwerfern auseinandergetrieben. Dabei wurden 43 Personen verhaftet und 32 Polizisten verletzt. Die Proteste eskalierten, als Nachrichten über die Entscheidung der Regierungspartei Georgischer Traum bekannt wurden, die EU-Beitrittsgespräche wegen angeblicher Erpressung durch Brüssel zu pausieren.
Die Beziehungen zwischen Georgien und der EU sind in den letzten Monaten abgekühlt, nicht zuletzt durch gesetzgeberische Entscheidungen Tiflis', die von Kritikern als autoritär und russlandnah angesehen werden. Diese beinhalten sowohl Rechtsvorschriften gegen sogenannte "ausländische Agenten" als auch Eingriffe in die Rechte der LGBTQ-Gemeinschaft. Die EU hatte hierauf mit der Aussetzung der Bewerbungsprüfung geantwortet.
Die Opposition, angeführt von der Coalition for Change, erhob schwere Vorwürfe gegen die Regierung, darunter auch Angriffe auf ihre Mitglieder während der Proteste. Zwei führende Politiker der Koalition erlitten dabei schwere Verletzungen. Forderungen nach weiteren Demonstrationen zeigen, dass die innenpolitischen Spannungen keineswegs abnehmen.