Die Hoffnungen Europas, Georgien als Leuchtturm der Demokratie im Kaukasus an den Westen zu binden, scheinen ernsthaft bedroht. Nachdem dem Land im Dezember 2023 der Kandidatenstatus für eine EU-Mitgliedschaft verliehen wurde, hat sich die Situation rapide verschlechtert.
Im Mai beschloss die regierende Partei Georgischer Traum ein Gesetz, das Organisationen mit ausländischer Finanzierung zwingt, sich als „ausländische Agenten“ registrieren zu lassen. Ein Schema, das an autoritäre Vorbilder wie Russland und Ungarn unter Viktor Orbán erinnert. Der milliardenschwere Oligarch Bidzina Iwanischwili, der seine Reichtümer in Moskau anhäufte, führt den Georgischen Traum an und versucht, das Land zwischen Russland und dem Westen auszubalancieren. Angesichts dessen gerät er jedoch zunehmend unter den Einfluss von Wladimir Putin.
Der im Oktober abgehaltene Wahl wurde bereits als unfair kritisiert, mit belegten Vorwürfen von Wahlmanipulation, parteiischem Staatsfernsehen, Drohungen gegen Oppositionsparteien und Wählerintimidation. Der Europaparlament hat das Wahlergebnis abgelehnt und forderte Neuwahlen. Präsidentin Salome Surabischwili bezeichnete die Wahl ebenfalls als illegitim.
Ende November setzte Georgischer Traum die Beitrittsgespräche aus und löste massive Proteste in Tiflis und anderen Städten aus. Die Polizei reagierte mit Gewalt und Verhaftungen, was Amnesty International in Fällen organisierter Misshandlungen bestätigt.
Während die Krise eskaliert, steht die Wahl des nächsten Präsidenten bevor. Die aktuelle Amtsinhaberin Surabischwili weigert sich, ihr Amt an eine aus Sicht Russlands gewollte Person abzugeben und fordert faire Wahlen. Der von Georgischen Traum dominierte Wahlkollegium hat jedoch bereits einen ehemaligen Fußballspieler von Manchester City als alleinigen Kandidaten zum Präsidenten erklärt.
Die westliche Welt ist gefragt, in dieser heiklen Lage zu handeln. Surabischwili braucht klare Unterstützung, während diejenigen, die für Gewalt und Manipulation verantwortlich sind, mit Sanktionen belegt werden sollten. Länder wie die USA und die Baltischen Staaten haben bereits erste Maßnahmen ergriffen, doch größere internationale Anstrengungen sind notwendig. Britanniens und der zurückhaltende Sanktionskurs gibt Anlass zur Kritik und zeigt eine Schwäche Europas im Angesicht der Autokratie auf.