13. September, 2024

Politik

Geheimdiplomatie zwischen den USA und China: Ein Blick hinter die Kulissen

Geheimdiplomatie zwischen den USA und China: Ein Blick hinter die Kulissen

Drei Monate nach der Eskalation durch einen chinesischen Spionageballon, der die Beziehungen zwischen den USA und China auf den tiefsten Stand seit 1979 brachte, startete der US-Sicherheitsberater Jake Sullivan seine eigene verdeckte Mission.

Am 10. Mai 2023 flog Sullivan nach Wien, um sich mit Wang Yi, dem erfahrenen chinesischen Diplomaten und Spitzenbeamten für Außenpolitik, zu treffen. Im historischen Ambiente des Imperial Hotels führten sie Gespräche über acht Stunden an zwei Tagen. Diese Zusammenkünfte waren der Auftakt für eine Reihe geheimer Treffen in verschiedenen Ländern wie Malta und Thailand, die nun als "strategischer Kanal" bekannt sind. Am Dienstag wird Sullivan nach Beijing reisen, um mit Wang weitere Gespräche zu führen.

Dieser geheime Kanal hat eine wesentliche Rolle dabei gespielt, die Beziehungen der rivalisierenden Supermächte in einer Zeit großer Spannungen zu managen. Während die USA im Wettbewerb mit China standen und Beijing zwischen Selbstbewusstsein und Paranoia wechselte, fungierte der Kanal als Puffer, der half, Fehlkalkulationen zu vermeiden.

Obwohl er die grundlegenden Probleme nicht löste, erleichterte der Kanal dank der persönlichen Begegnungen das Verständnis beider Seiten füreinander. "Kurzfristig war er sehr erfolgreich in der Stabilisierung, der Kommunikation von roten Linien und der Vorschau auf Maßnahmen, die als schädlich empfunden werden könnten," sagt Rorry Daniels vom Asia Society Policy Institute.

Der Ballonvorfall war nur eines von vielen Ereignissen, die die Beziehungen belasteten. China war verärgert über US-Exportkontrollen für Halbleiter, während Washington sauer war über Chinas Unterstützung für Russlands Krieg in der Ukraine. Die Themen türmten sich vor dem heiklen Hintergrund der Taiwan-Frage auf. Nancy Pelosis Taiwan-Besuch im August 2022 und die anschließenden chinesischen Militärmanöver hatten die Spannungen weiter angeheizt.

Wien wurde als neutraler Boden gewählt, wo die beiden Seiten ohne große Aufmerksamkeit zusammentreffen konnten. Ein US-Beamter beschreibt die Treffen als "ziemlich spartanisch": Rein, ins Hotel, Gespräche, raus. Es ging darum, die bilateralen Beziehungen zu stabilisieren, wie beim G20-Gipfel in Bali vereinbart.

Das Treffen in Wien war ein Neuanfang. Die Teilnehmer betonten, dass solche Gespräche wichtig seien, um Missverständnisse zu klären und Eskalationen zu vermeiden. Im September 2023 trafen sich Wang und Sullivan erneut in Malta. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Vorbereitung eines möglichen Treffens zwischen Biden und Xi während des APEC-Gipfels in San Francisco.

Sowohl in Wien als auch in Malta wurden schwierige Themen wie US-Sanktionen und die Technologiepolitik besprochen. Während die fundamentalen Differenzen bestehen bleiben, haben diese Treffen dazu beigetragen, die Beziehungen wieder auf den "Bali-Konsens" zurückzuführen.

Wang besuchte im Oktober Washington, um die Vorbereitungen für den San Francisco-Gipfel abzuschließen. Trotz interner Kritik in Washington sind beide Seiten überzeugt, dass der Kanal eine wertvolle Rolle spielt. Wang und Sullivan trafen sich zuletzt im Dezember in Bangkok, um über Technologiekontrollen und Taiwan zu sprechen. Solange der Kanal besteht, können Konflikte möglicherweise vermieden werden, was US-Alliierte in Europa und Asien erleichtert aufatmen lässt.

Wichtig ist dabei auch die Persönlichkeit der Beteiligten. Sowohl Sullivan als auch Wang sind als zähe, aber respektvolle Verhandler bekannt. Diese Dynamik hat geholfen, das Verständnis zu fördern und Missverständnisse zu minimieren.