In Bayerns Alpenregion steht die Wiederaufnahme von Erdgasbohrungen unmittelbar bevor. Das Vorhaben wird von der Firma Genexco Gas vorangetrieben, die im Juni die Genehmigung für Probebohrungen im Konzessionsgebiet "Lech Ost" erhalten hat. Doch die Pläne stoßen auf erheblichen Widerstand von Umweltschützern, Anwohnern sowie lokalen Politikern wie dem Landrat von Landsberg am Lech, Thomas Eichinger (CSU), und dem Gemeinderat von Reichling. Der Protest richtet sich gegen potenzielle Umwelt- und Gesundheitsgefahren sowie die Belastung des Verkehrs.
Die Bohrstelle liegt nahe einem europäischen Schutzgebiet für bedrohte Arten, nur rund 200 Meter vom Trinkwasserschutzgebiet entfernt. Laut Greenpeace könnten hier möglicherweise 500 Millionen Kubikmeter Erdgas gefördert werden, die über 15 Jahre ausgebeutet werden sollen. Diese Nähe zu sensiblen Ökosystemen und Wasserquellen sorgt für Bedenken.
Landrat Eichinger plant, seine Einwände in einem Protestbrief an Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zu formulieren. Obwohl die Probebohrung bereits genehmigt wurde, fehlt noch die endgültige Fördergenehmigung. Der Bürgermeister von Reichling, Johannes Hintersberger, betont, dass der Brief rechtlich keine Auswirkungen haben wird, aber einer landespolitischen Diskussion dienen soll.
Bayerns Erdgasförderung hat eine lange Geschichte, doch ihre Bedeutung ist stark zurückgegangen. In den 1970er Jahren wurden noch circa 30 Prozent des Gasbedarfs aus heimischen Quellen gedeckt, heute sind es nur noch etwa 0,1 Prozent. Trotz des Rückgangs gilt Gas nach Öl weiterhin als wichtiger fossiler Energieträger und deckt rund ein Fünftel des Primärenergieverbrauchs im Freistaat.
Wirtschaftsminister Aiwanger wehrt die Kritik ab und verweist auf gesetzliche Vorgaben, die ihm keinen Ermessensspielraum lassen. Zugleich zeigt sich die bayerische Staatsregierung förderfreundlich: Sie verzichtet freiwillig auf eine Förderabgabe, um die Erkundung neuer Lagerstätten zu fördern.
Aiwanger selbst bezeichnet Erdgas als "Brückentechnologie" auf dem Weg zur Klimaneutralität. Dennoch weisen Experten darauf hin, dass Erdgas durch Methanemissionen und CO2-Ausstöße klimaschädlich ist. Kritiker wie Bayerns grüner Landtagsvizepräsident Ludwig Hartmann werfen Aiwanger vor, die Energiepolitik in die falsche Richtung zu lenken und den Ausbau der Windkraft zu vernachlässigen.