Die überraschende Entdeckung fossiler Fußspuren am Ufer eines lang vergessenen Sees in Nordkenia wirft ein neues Licht auf das Leben vor 1,5 Millionen Jahren. Wissenschaftler stießen in der Region Koobi Fora auf fossile Abdrücke, die eindrucksvoll belegen, dass Mitglieder zweier verschiedener homininer Spezies – Paranthropus boisei und Homo erectus – nebeneinander existierten und sich in derselben Lebenswelt bewegten. Die Funde, eingebettet zwischen Abdrücken von Antilopen, Pferden und anderen Tieren, könnten Aufschluss über das damalige Miteinander oder gar Konkurrenzkämpfe bieten. Paranthropus boisei, bekannt für seine robusten Kauapparate und massiven Molaren, bewegte sich mit eher affenähnlichen Füßen durch die Landschaft. Im Gegensatz dazu vermittelte Homo erectus, mit seinem modernen Körperbau und größerem Gehirnvolumen den Eindruck eines fortschrittlicheren Wesens, das die Kunst des Werkzeuggebrauchs beherrschte. Die spektakulären Funde, die 2021 in der Nähe des heutigen Turkana-Sees gemacht wurden, umfassen unter anderem eine Spur von zwölf Fußabdrücken, die Paranthropus boisei zugeschrieben werden. Diese Spuren begleiteten kürzere Abdrücke, die teilweise Homo erectus zugeordnet werden konnten und möglicherweise von einem juvenilen Individuum stammen. Das Forschungsteam um die Paläoanthropologin Louise Leakey vermutet, dass die Abdrücke innerhalb weniger Stunden auf dem nassen Untergrund entstanden, was darauf hinweist, dass beide Spezies sich möglicherweise beobachteten, ohne interagiert zu haben. Neil Roach, Co-Autor der Studie, hebt hervor, wie die Untersuchung der Fußabdrücke wertvolle Informationen liefert, die über die Analyse von Skelettfunden hinausgehen, indem sie Einblicke in Fortbewegungsmechanismen und Verhaltensweisen der damaligen Zeit ermöglichen. Paranthropus boisei verschwand einige hunderttausend Jahre nach der Entstehung dieser Spuren, während Homo erectus weiterhin florierte und als erster Vertreter der menschlichen Spezies über den afrikanischen Kontinent hinauswanderte. Beide Spezies teilten sich eine ressourcenreiche Umgebung, die trotz der Präsenz gefährlicher Tiere wie Flusspferde und Krokodile offensichtlich essenziell für ihr Überleben war.