Fusion mit Zündstoff: Honda und Nissan verhandeln über Zukunft der Autobranche
Zwei japanische Giganten planen eine Allianz, die die Automobilwelt verändern könnte. Doch die Hürden für Honda und Nissan sind hoch – und die Skepsis bleibt groß.
Ein Zusammenschluss der Gegensätze
Während Toyota weiter die Weltspitze dominiert, gehen zwei seiner größten Rivalen einen überraschenden Weg: Honda und Nissan verhandeln über eine Fusion.
Die Pläne umfassen eine gemeinsame Holding, in der beide Unternehmen zusammengeführt werden sollen – möglicherweise mit Mitsubishi Motors als drittem Partner. Ziel ist es, technologisch und wirtschaftlich in einer sich rapide verändernden Branche zu bestehen.
Doch die geplante Allianz birgt nicht nur Chancen, sondern auch reichlich Konfliktpotenzial. Während die Nissan-Aktie nach der Ankündigung um 24 Prozent stieg, reagierten Honda-Investoren zurückhaltender.
Der Kurs des traditionsreichen Autobauers sank im Vormittagshandel um 2,3 Prozent – ein klares Zeichen für die Unsicherheiten, die dieser Schritt mit sich bringt.
Gemeinsam stark gegen den Wandel
Die Automobilindustrie steht vor tiefgreifenden Veränderungen: Der Boom von Elektroautos, steigender Druck durch chinesische Hersteller und neue Anforderungen an nachhaltige Produktion zwingen traditionelle Konzerne zum Umdenken.
Nissan und Honda bringen jeweils spezifische Stärken mit: Honda gilt als führend bei Hybridantrieben, während Nissan als Pionier der Elektromobilität glänzt.
Ein Zusammenschluss könnte beiden Unternehmen helfen, von ihren jeweiligen Expertisen zu profitieren. Mit über acht Millionen verkauften Fahrzeugen würde die neue Holding den dritten Platz auf dem globalen Automobilmarkt einnehmen – hinter Toyota und Volkswagen, aber vor Hyundai.
Chinas Schatten und globale Herausforderungen
Die wachsende Dominanz chinesischer Autohersteller wie BYD hat nicht nur Volkswagen in die Defensive gedrängt. Auch Nissan und Honda kämpfen in der Volksrepublik mit massiven Rückgängen. Honda plant, seine Produktion in China um 30 Prozent zu reduzieren, Nissan kürzt weltweit um 20 Prozent und streicht rund zehn Prozent seiner Stellen.
Hinzu kommt der Verlust bisheriger Allianzen: Nissan hat sich weitgehend von Renault entfremdet, während Honda und General Motors ihre Partnerschaft bei Elektroautos aufgekündigt haben.
Diese Entwicklungen machen deutlich: Ein Zusammenschluss könnte die letzte Chance sein, um in einem immer anspruchsvolleren Markt zu überleben.
Nissan am Abgrund
Besonders bei Nissan ist die Lage kritisch. Einst gerettet durch die Allianz mit Renault, steckt der Konzern erneut in einer tiefen Krise. Die Gewinnmarge lag im ersten Halbjahr 2024 bei mageren 0,5 Prozent, verglichen mit 5,6 Prozent im Vorjahr.
In den USA, einem wichtigen Markt, leidet Nissan unter einer schwachen Marke und einer fehlerhaften Produktstrategie. Während Konkurrenten wie Toyota auf Hybrid-SUVs setzen, fehlt Nissan in diesem Segment völlig.
Chris Richter, Autoanalyst bei CLSA, bringt es auf den Punkt: „Nissan ist kein großer Autohersteller mehr, sondern nur noch einer mit dreieinhalb Millionen Einheiten.“ Eine Fusion mit Honda könnte das Ruder herumreißen – doch der Widerstand bei Honda ist groß.
Honda und der Kampf gegen die eigene Identität
Honda gilt als Musterbeispiel eines unabhängigen Unternehmens. Seit seiner Gründung hat der Autobauer stets auf Eigenständigkeit gesetzt, von der Entwicklung bis zur Produktion. Doch die Herausforderungen der Elektromobilität und steigende Kosten für Forschung und Entwicklung zwingen auch Honda, alte Prinzipien zu überdenken.
Die geplante Fusion zeigt, dass der Konzern bereit ist, Kompromisse einzugehen. Bereits die technologische Zusammenarbeit mit Nissan, die im März angekündigt wurde, deutete auf einen Strategiewechsel hin. Doch viele Analysten bezweifeln, dass Honda langfristig bereit ist, seine Unabhängigkeit aufzugeben.
Die größte Hürde bleibt jedoch das Misstrauen zwischen den beiden Unternehmen. Historisch gesehen sind Fusionen in der Automobilbranche oft an kulturellen und strategischen Differenzen gescheitert. Honda und Nissan müssten nicht nur ihre Strukturen harmonisieren, sondern auch Überkreuzbeteiligungen wie die mit Renault klären.