Friedrich Merz ist am Ziel – aber unter schwierigen Bedingungen. Ohne Regierungserfahrung und mit schwachem Mandat muss er Deutschland durch eine sicherheitspolitische Zeitenwende führen.
Die transatlantische Partnerschaft bröckelt, die Wirtschaft lahmt, Europa steht vor einer Neuordnung. Kann Merz diese Mammutaufgabe bewältigen?
Ein Kanzler ohne Pufferzeit
Noch während die Wahlparty in der CDU-Zentrale läuft, steht fest: Merz bleibt kaum Zeit zum Feiern. Der Wahlsieg der Union ist schwächer als erhofft, und die Herausforderungen sind gewaltig.
Während Merz mit der SPD über eine Koalition verhandelt, warnen Experten vor einem geopolitischen und wirtschaftlichen Epochenbruch. Die USA ziehen sich zunehmend aus ihrer Rolle als Schutzmacht Europas zurück, Russland bleibt eine Bedrohung, und China nutzt das transatlantische Vakuum für seine eigenen Interessen.
Deutschlands Rolle in einer neuen Weltordnung
„Nach den Äußerungen aus Washington in der letzten Woche ist klar, dass wir Europäer jetzt sehr schnell handlungsfähig sein müssen“, erklärt Merz. Was das bedeutet: Höhere Verteidigungsausgaben, mehr strategische Autonomie – und womöglich eine Abkehr von alten wirtschaftspolitischen Dogmen.
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Merz, einst ein glühender Anhänger der Schwarzen Null, muss nun neue Schulden machen, um Deutschlands Verteidigungsfähigkeit auszubauen.
Europa blickt gespannt nach Berlin. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron drängt auf eine stärkere deutsch-französische Zusammenarbeit, während osteuropäische Staaten eine klare Haltung gegenüber Russland fordern.
Merz wird entscheiden müssen, ob Deutschland sich in Richtung einer EU-Verteidigungsunion bewegt oder weiter auf NATO-Strukturen setzt – auch wenn die USA diese nicht mehr so garantieren wie in der Vergangenheit.
Wirtschaftskrise und Haushaltsprobleme
Auch innenpolitisch warten massive Herausforderungen. Deutschlands Wirtschaft wächst kaum noch, die Industrie leidet unter hohen Energiekosten und Regulierungen. Experten fordern weitreichende Reformen, doch in einer Koalition mit der SPD werden liberale Wirtschaftspläne nur schwer durchsetzbar sein.
„Die Wirtschaftspolitik der neuen Regierung wird darüber entscheiden, ob Deutschland weiter zurückfällt oder seine Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen kann“, sagt Clemens Fuest vom ifo-Institut.
Eine der ersten großen Bewährungsproben für Merz wird die Frage der Staatsfinanzen. Wird er die Schuldenbremse aufweichen, um Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung zu ermöglichen?
Oder setzt er auf radikale Kürzungen in anderen Bereichen? Innerhalb der Union gibt es bereits Unruhe: Die konservative Parteibasis lehnt eine Schuldenpolitik ab, die Wirtschaft hingegen fordert mehr Spielraum.
Merz muss liefern – schneller als ihm lieb ist
Die politische Realität zwingt Merz, sich schneller als geplant anzupassen. Vom transatlantischen Bruch bis zur europäischen Sicherheitsarchitektur, von der Wirtschaftskrise bis zur Haushaltsstrategie – die Liste der Herausforderungen ist lang. Doch eines ist klar: Eine Schonfrist gibt es nicht.
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