Die Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen bleibt in Deutschland ein Dauerthema. Laut Statistischem Bundesamt verdienen Frauen durchschnittlich 16 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen – ein Rückgang von zwei Prozentpunkten im Vergleich zu 2023, aber immer noch eine gravierende Ungleichheit.
Noch dramatischer ist die sogenannte bereinigte Lohnlücke: Selbst wenn Unterschiede in Berufswahl, Arbeitszeiten oder Karrierewegen berücksichtigt werden, bleiben sechs Prozent unerklärt.
Doch es gibt Hoffnung: Unternehmen wie Covestro, BMW und Beiersdorf setzen gezielt Maßnahmen um, um fairere Vergütungssysteme zu etablieren.
Und mit der neuen EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz, die bis Juni 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden muss, könnten Ungleichheiten weiter abgebaut werden. Aber auch individuelle Strategien können helfen, die eigene Gehaltsentwicklung positiv zu beeinflussen.
1. Der Einstieg zählt – gleich zu Beginn auf das richtige Gehalt setzen
Frauen, die bereits zu Beginn ihrer Karriere mit einem niedrigeren Gehalt starten, kämpfen meist ein Leben lang mit diesem Nachteil. Eine Analyse der Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu zeigt: Berufseinsteigerinnen verdienen im Durchschnitt 8,3 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Nach sechs bis zehn Jahren Berufserfahrung steigt dieser Unterschied auf 13 Prozent.
Wer zu bescheiden in Gehaltsverhandlungen einsteigt, nimmt langfristig Verluste in Kauf. Laut McKinsey-Studie summiert sich der Gender Pay Gap im Laufe eines 30-jährigen Berufslebens auf durchschnittlich 570.000 Euro.
Die Devise lautet daher: Bereits im ersten Job selbstbewusst über das Gehalt verhandeln und sich an branchenüblichen Werten orientieren.
2. Die richtige Branche wählen – große Unterschiede je nach Sektor
Nicht in jeder Branche sind Frauen gleichermaßen benachteiligt. Während in der Finanzbranche der Gender Pay Gap mit 23,8 Prozent am höchsten ist, sieht es in der Telekommunikation (23,4 %) und im Pharma-Sektor (20,2 %) kaum besser aus.

Deutlich geringer sind die Unterschiede im Personalwesen (5,3 %) und in der Logistikbranche (5,4 %). Wer flexibel in der Branchenwahl ist, kann sich durch eine geschickte Wahl der Arbeitgeberumgebung einen Vorteil verschaffen.
3. Transparente Gehälter – welche Unternehmen ihre Vergütungen offenlegen
Eine wachsende Anzahl von Unternehmen setzt auf transparente Gehaltsstrukturen, um Geschlechterungleichheiten zu vermeiden. Covestro etwa veröffentlicht die Gehaltsspannen direkt in seinen Stellenausschreibungen – eine Maßnahme, die Unternehmen spätestens 2026 ohnehin umsetzen müssen, wenn die EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz in Kraft tritt.
„Indem wir unsere Gehaltsstrukturen offenlegen, begegnen wir Bewerberinnen und Bewerbern auf Augenhöhe und vermeiden ungleiche Gehaltsverhandlungen“, erklärt Sophie von Saldern, globale Personalchefin von Covestro.
Solche Maßnahmen sind besonders für Frauen von Vorteil, die – Studien zufolge – in Gehaltsgesprächen häufig zu niedrig ansetzen.
4. Flexibilität als Karrierefaktor – familienfreundliche Modelle nutzen
Gerade für Frauen mit Kinderwunsch ist die Arbeitgeberwahl essenziell. Während viele Konzerne weibliche Führungskräfte lange Zeit ignorierten, ändert sich das nun.
BMW etwa will den Frauenanteil in Führungspositionen auf 22 Prozent erhöhen und setzt dabei auf Jobsharing-Modelle: Rund 100 weibliche Führungskräfte teilen sich dort aktuell Positionen von Team- bis Abteilungsleitung.
Auch Beiersdorf setzt auf flexible Arbeitsmodelle, um Frauen in Führungsrollen zu halten. Personalchefin Nicola Lafrentz verfolgt eine langfristige Strategie: „Ein faires Vergütungssystem ist essenziell, aber auch flexible Arbeitsbedingungen sind entscheidend, um weibliche Talente zu gewinnen und zu behalten.“
Ein Vorbild ist die Konzerngesellschaft Nivea Deutschland und Schweiz, wo die Marketingdirektion von zwei Müttern im Jobsharing-Modell besetzt wird. Ein Signal, das zeigt: Familie und Karriere müssen sich nicht ausschließen.
Gesetzliche Vorgaben helfen – doch Frauen müssen selbst aktiv werden
Die Einführung der EU-Entgelttransparenz-Richtlinie könnte für Frauen eine Wende in der Gehaltsgerechtigkeit bedeuten. Dennoch bleibt die Eigeninitiative entscheidend: Wer gleich zu Beginn klug verhandelt, die Branchenunterschiede nutzt, auf Gehaltstransparenz setzt und familienfreundliche Arbeitgeber wählt, kann langfristig finanzielle Nachteile vermeiden.
Unternehmen wie BMW, Beiersdorf und Covestro machen vor, wie Fairness in der Vergütung funktionieren kann – es liegt an den Arbeitnehmerinnen, diese Chancen zu nutzen.
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