Frankreichs Premierminister Michel Barnier warnt vor einer finanziellen "Sturmflut", doch es sind vor allem Unternehmen, Konsument*innen und Steuerzahlende, die unter der aktuellen politischen Krise zu leiden haben werden. Der drohende Sturz der Regierung durch die rechtsextreme Partei Rassemblement National unter Marine Le Pen könnte entscheidende Sparmaßnahmen in Höhe von 60 Milliarden Euro zunichtemachen, die zur Eindämmung des Defizits beschlossen wurden.
Diese Unsicherheiten haben ihre Spuren hinterlassen: Frankreichs Staatsanleihen erlebten kurzfristig höhere Renditen als Griechenland, dessen Risikoaufschlag gegenüber deutschen Anleihen stieg vergangenen Woche auf 90 Basispunkte – ein Niveau, das seit den Tagen der Eurokrise 2012 nicht mehr erreicht wurde.
Investoren betrachten die derzeitige Aufruhr eher als nächste, wenn auch langwierige Episode eines Schuldenabbaukurses, denn als unmittelbar bevorstehende Haushaltskatastrophe. Christian Kopf von Union Investment sieht keinen Auslöser für eine echte Schuldenkrise, räumt jedoch ein, dass sich die Risikoprämie auf 100 Basispunkte erhöhen könnte, falls Barnier fallen sollte.
Ohne Barnier droht Frankreich der Wegfall geplanter Defizitreduzierungen. Zwar sanken die Zinskosten jüngst unter der Erwartung sinkender Zinssätze der Europäischen Zentralbank, dennoch ist die Unsicherheit groß. Standard & Poor's hat Frankreich mit AA- stabil bewertet, und auch die europäischen Partner sehen geringe Risiken für eine Übertragung der Spannungen.
Dennoch bleibt das Vertrauen in die Märkte fragil, und Unternehmen könnten in eine Zurückhaltung verfallen, was sich negativ auf Investitionen und Steuern auswirkt. Die politische Unsicherheit verkompliziert die ohnehin schleppende europäische Wirtschaftslage, vor dem Hintergrund potenzieller Handelskonflikte mit den USA und einer Verlangsamung in China. Wirtschaftsexperte Sylvain Bersinger betont, dass ein stabiles und handlungsfähiges Regierungskabinett entscheidend wäre, doch die Gefahr besteht, dass keinerlei Regierung die Geschäfte führen könnte.