Ein ungewöhnliches Bild am Anleihemarkt
Frankreichs Staatsanleihen sind normalerweise das, was Anleger als „sicher“ einstufen – stabil, verlässlich und mit vergleichsweise niedrigen Renditen.
Doch in diesen Tagen wird diese Annahme auf den Kopf gestellt: Die Verzinsung für französische Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit lag am Montag über der von Unternehmensanleihen großer Konzerne wie LVMH und Air Liquide.
Ein seltener und alarmierender Zustand, der vor allem eines zeigt: Das Vertrauen in Frankreichs Regierung wackelt.
Die Ursache? Eine Haushaltskrise, die die Minderheitsregierung von Premierminister Michel Barnier ins Straucheln bringt. Ein Defizit von 60 Milliarden Euro zwingt Barnier zu drastischen Sparmaßnahmen.
Doch sein Versuch, das Haushaltsloch durch Steuererhöhungen und Kürzungen zu schließen, stößt auf massiven Widerstand – nicht nur von der Opposition, sondern auch von der Bevölkerung.
Misstrauensvotum und Sondervollmacht
Am Montag eskalierte die Lage weiter. Nachdem Barnier bereits auf geplante Kürzungen bei Medikamentenkosten und eine Erhöhung der Stromsteuer verzichten musste, entschied er, das erste Haushaltsgesetz für 2025 mit einer Sondervollmacht am Parlament vorbei zu verabschieden.
Die Reaktion folgte prompt: Ein Misstrauensantrag des Linksbündnisses wurde eingereicht, während das rechtsnationale Rassemblement National (RN) einen eigenen Antrag ankündigte. Beide Parteien erklärten, sich gegenseitig zu unterstützen – eine gefährliche Allianz für die Regierung.
Diese politische Unsicherheit hat sich längst auf die Finanzmärkte übertragen. Die Nachfrage nach französischen Staatsanleihen sinkt, wodurch die Kurse fallen und die Renditen steigen.
Am Montag bewegte sich die Verzinsung für zehnjährige Staatsanleihen zwischen 2,85 und 2,9 Prozent – deutlich höher als die von Firmenbonds des Luxusgüterkonzerns LVMH.
Ein erschreckendes Signal für die Märkte
Dass Unternehmensanleihen sicherer erscheinen als Staatsanleihen, ist alles andere als ein gutes Zeichen. Normalerweise verlangen Investoren von Unternehmen höhere Renditen, da das Risiko eines Zahlungsausfalls größer ist als bei Staaten mit hoher Kreditwürdigkeit.
Doch in Frankreich ist diese Annahme ins Wanken geraten. „Unsere finanzielle Situation ist heute gefährlich“, warnte Pierre Moscovici, Leiter des französischen Rechnungshofs, im Fernsehsender France 2.
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Ein weiterer Indikator für die Vertrauenskrise ist der Risikoaufschlag gegenüber deutschen Staatsanleihen, der auf den höchsten Stand seit der Euro-Schuldenkrise 2012 gestiegen ist. Gleichzeitig können sich Länder wie Spanien, Portugal und sogar Griechenland derzeit günstiger verschulden als Frankreich – ein beispielloser Moment für die Eurozone.
Rating-Agenturen und drohende Konsequenzen
Immerhin blieb die französische Regierung bisher von einer Herabstufung durch die Ratingagenturen verschont. S&P bestätigte am Freitagabend das Rating bei „AA-“ und den stabilen Ausblick, jedoch nicht ohne eine Warnung: Die Regierung müsse einen mittelfristigen Plan vorlegen, um die Defizite zu reduzieren. Andernfalls könnten die Märkte noch nervöser reagieren.