Frankreichs ambitioniertes Vorhaben, seine nukleare Infrastruktur durch den Bau von sechs neuen Atomkraftwerken zu erweitern, erlebt gegenwärtig eine unerwartete Verzögerung. Die geplante Inbetriebnahme des ersten Reaktors wurde vom Élysée-Palast, nach eingehender Beratung des Rats für Nuklearpolitik unter der Leitung von Präsident Emmanuel Macron, auf das Jahr 2038 verschoben. Ursprünglich war der Start für 2035 angedacht. In diesem Zuge wurde der nun wieder staatlich kontrollierte Stromriese EDF angewiesen, ein strengeres Zeit- und Kostenmanagement zu etablieren.
Um die erhebliche Baukostenlast von zuletzt auf 67,4 Milliarden Euro geschätzten Projekten zu stemmen, plant Frankreich die Aufnahme eines zinsgünstigen Staatsdarlehens, das mindestens die Hälfte der Gesamtkosten abdecken soll. Dieses Modell sieht auch die Einführung eines staatlich garantierten Stromabnahmepreises aus den neuen Anlagen vor. Diese Finanzierungsdetails sollen in den kommenden Wochen zwischen dem französischen Staat und EDF finalisiert und anschließend der EU-Kommission zur Prüfung vorgelegt werden, um bis 2026 eine klare Investitionsentscheidung treffen zu können.
Unterdessen plant der Rat für Nuklearpolitik mit gezielten Investitionen in die Wiederaufarbeitungskapazitäten des Atomkonzerns Orano, um die langfristige Uranversorgung des Landes sicherzustellen. Diese Strategie steht im Kontrast zu Deutschlands energiepolitischer Ausrichtung, setzt Frankreich doch weiterhin auf Atomkraft, um seine Klimaziele zu erreichen. Insgesamt zieht das Land den Bau von 14 bis möglicherweise über 20 neuen Reaktoren in Betracht und hält damit seinen Platz als weltweit zweitgrößter Produzent von Atomstrom, dicht hinter den USA mit derzeit 57 Reaktoren.