Die betriebliche Altersvorsorge in Deutschland steckt in der digitalen Steinzeit. Hohe Provisionen, komplizierte Verträge und wenig Transparenz halten viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) davon ab, ihren Mitarbeitern attraktive Rentenlösungen anzubieten.
Genau hier setzt Ginkgo an – ein neues Fintech, das von ehemaligen Finanz- und Startup-Insidern gegründet wurde und den Markt aufmischen will.
Von Trade Republic zur Altersvorsorge für Unternehmen
Philip Liebenow, einst Head of Operations bei Trade Republic, hat zusammen mit Carl Meran, einem ehemaligen Berater der Boston Consulting Group, Ginkgo ins Leben gerufen.
Das Ziel: Ein digitales, schlankes und kosteneffizientes Modell für die betriebliche Altersvorsorge (bAV), das KMU ohne hohe Vertriebskosten nutzen können.
Das Startup hat zum Start 1,6 Millionen Euro eingesammelt. Der Wagniskapitalgeber Caesar führt die Finanzierungsrunde an, weitere Investoren sind unter anderem Calm/Storm, Heartfelt, NCA sowie mehrere Business Angels aus der Fintech-Szene.
Unterstützt wird das Team zudem von Alexander Kihm, der mit Fairr bereits ein erfolgreiches Altersvorsorge-Startup aufgebaut und später an Raisin verkauft hat.
Ein digitaler ETF-Sparplan statt teurer Policen
Anders als herkömmliche Modelle setzt Ginkgo auf eine komplett digitale Lösung und eliminiert Provisionen. Die Altersvorsorge basiert auf einem ETF-Sparplan, eingebettet in eine schlanke Versicherungslösung.
„Viele Unternehmen meiden die betriebliche Altersvorsorge, weil sie sich in einem undurchsichtigen Provisionsmodell wiederfinden“, erklärt Liebenow. „Wir schaffen ein transparentes, renditestarkes Produkt, das für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen attraktiv ist.“
Welche Versicherungspartner Ginkgo nutzt, bleibt vorerst geheim. Sicher ist jedoch: Die Firmen zahlen eine Gebühr für die Einführung des Produkts, während Arbeitnehmer die Entwicklung ihres Sparplans bequem über eine App verfolgen können.
Warum der Markt reif für Disruption ist
Der Bedarf ist enorm. Laut aktuellen Studien nutzen nur rund 50 % der deutschen Arbeitnehmer eine betriebliche Altersvorsorge. Gerade in KMU sowie bei Geringverdienern ist die Versorgungslücke besonders groß. Deutschland liegt hier im internationalen Vergleich deutlich zurück.
Traditionell wird die bAV über Versicherungsvertriebe an die Unternehmen gebracht – mit hohen Abschlussprovisionen und teils fragwürdigen Renditen.
Ginkgo will genau hier ansetzen und das Modell umkehren: Kein teurer Vertrieb, keine versteckten Kosten, stattdessen ein vollständig digitales Produkt mit klarer Kostenstruktur.
Kann sich das Provisionsfreie-Modell durchsetzen?
Der Verzicht auf klassische Vertriebsprovisionen könnte für Ginkgo zum entscheidenden Test werden. Andere Insurtech-Startups haben in der Vergangenheit Schwierigkeiten gehabt, sich ohne klassische Vermittler am Markt zu behaupten.
Die Konkurrenz ist ebenfalls nicht zu unterschätzen: Unternehmen wie Penzilla oder Dyno verfolgen ähnliche Modelle und versuchen ebenfalls, digitale Lösungen in den Mittelstand zu bringen.
Ein klarer Vorteil bleibt jedoch: Arbeitgeber können die Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge als Betriebsausgaben geltend machen, während Arbeitnehmer durch Steuerfreibeträge profitieren.
Ginkgo hofft, dass diese finanzielle Attraktivität kombiniert mit einer einfachen digitalen Lösung ausreichend Anreize schafft, um sich im Milliarden-Markt der Altersvorsorge zu behaupten.
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