Die Bürgerbewegung Finanzwende kritisiert vehement die aktuellen Gesetzespläne der Bundesregierung, insbesondere das Bürokratie-Entlastungsgesetz IV. Dieses sieht eine Reduzierung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege und Rechnungen von zehn auf acht Jahre vor. Anne Brorhilker, Geschäftsführerin der Finanzwende, mahnt, dass diese Belege entscheidende Beweismittel in aufwendigen Steuerstrafverfahren wie Cum-Ex und Cum-Cum seien. Ein solches Gesetz könnte dazu führen, dass viele Cum-Cum-Täter unentdeckt bleiben und Milliarden an Steuergeldern unwiderruflich verloren gehen.
Brorhilker, die als Oberstaatsanwältin in Köln jahrelang selbst in Cum-Ex- und Cum-Cum-Fällen ermittelte, kennt den Ernst der Lage sehr genau. Sie betont, dass die Täter sich der brisanten Beweislast bewusst seien und diese wohl schnell vernichten würden, sobald das Gesetz in Kraft tritt. Finanzwende hat bereits eine Kampagne gegen das Gesetz gestartet. Die Entscheidung soll am 26. September im Bundestag fallen.
Mithilfe von Cum-Ex-Geschäften hintergingen Banken und Investoren den deutschen Staat um geschätzte zehn Milliarden Euro. Dabei wurden Aktien rund um den Dividendenstichtag so gehandelt, dass fälschlicherweise Kapitalertragssteuern erstattet wurden. Cum-Cum-Geschäfte sind ähnlich, allerdings noch weiter verbreitet und weniger gut dokumentiert. Diese Delikte unterliegen aufgrund ihrer komplexen Natur verlängerten Verjährungsfristen von 15 Jahren.
Brorhilker führt aus, dass die verkürzten Aufbewahrungsfristen den Ermittlungen nicht gerecht werden. Zwar seien bereits behandelte Fälle von der Neuregelung nicht betroffen, doch viele unentdeckte Cum-Cum-Fälle könnten unerkannt bleiben. Dies sei besorgniserregend, da der Schaden durch Cum-Cum sehr konservativ geschätzt bei etwa 28,5 Milliarden Euro liege, von dem nur ein Bruchteil zurückgeholt wurde. Die Bundesregierung könnte laut Brorhilker durch Beschleunigung der Prozesse helfen, besonders angesichts der aktuellen Haushaltszwänge.