Ein umstrittenes Finanzinstrument
Während eine breite Allianz aus Politikern, Gewerkschaften und sozialen Verbänden für eine Aufweichung der Schuldenbremse plädiert, um angeblich dringend benötigte Investitionen zu ermöglichen, liefert eine neue Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ernüchternde Erkenntnisse, die das gängige Narrativ infrage stellen.
„Bei Schienen, Wohnungsbau oder Schulen – Deutschland spart sich kaputt“, klagt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).
Fehlgeleitete Finanzpolitik?
Laut der von der Strube Stiftung finanzierten ZEW-Studie, wurde der finanzielle Spielraum der Bundesregierung in den wirtschaftlich starken Jahren vor der Pandemie nicht primär für zukunftsorientierte Ausgaben genutzt, sondern vorwiegend für konsumptive Zwecke.
Zwischen 2015 und 2019, einer Periode wachsender Staatseinnahmen, erhöhten sich die Ausgaben für konsumtive Zwecke im Verhältnis zu den investiven Ausgaben um das Dreifache.
Dies wirft ein kritisches Licht auf die aktuellen Forderungen nach einer Lockerung der Schuldenregeln.
Risiken einer gelockerten Schuldenbremse
Der Bericht des ZEW wirft die Frage auf, ob eine Lockerung der Schuldenbremse tatsächlich den gewünschten Effekt hätte.
Friedrich Heinemann, Leiter der ZEW-Abteilung für Unternehmensbesteuerung und öffentliche Finanzwirtschaft, und Co-Autor Paul Stegner betonen, dass zusätzliche finanzielle Mittel in der Vergangenheit nicht zwingend in Investitionen geflossen sind.
Dies könnte ein Indikator dafür sein, dass auch zukünftig mehr Mittel nicht automatisch in den Aufbau zukunftsfähiger Infrastruktur investiert würden.
Die Zukunft der deutschen Fiskalpolitik
Diese Erkenntnisse kommen zu einem Zeitpunkt, an dem Deutschland über die zukünftige Richtung seiner Fiskalpolitik entscheidet.
Die Schuldenbremse, die 2009 während der Finanzkrise eingeführt wurde, soll die Staatsverschuldung begrenzen und das Vertrauen in die finanzielle Stabilität des Landes stärken.
Ihre mögliche Lockerung ist ein heißes Eisen in der politischen Diskussion, das weitreichende Implikationen für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft hätte.
Vorschläge für eine reformierte Schuldenpolitik
Experten und Wirtschaftswissenschaftler fordern eine differenzierte Betrachtung der Situation. Einige plädieren für eine Investitionsregel, die es erlaubt, neue Schulden ausschließlich für kapitalbildende Maßnahmen aufzunehmen, um eine nachhaltige und zukunftsorientierte Haushaltsführung sicherzustellen.
Andere warnen davor, die Schuldenbremse zu lockern, ohne Mechanismen zu implementieren, die sicherstellen, dass zusätzliche Mittel tatsächlich in nachhaltige Projekte fließen.