Die Silvesternacht des vergangenen Jahres glich eher einem Actionfilm als einer festlichen Tradition. Randale, Feuerwerksattacken und Schreckschusswaffen im Einsatz – als würden die Menschen zwei Jahre Corona-Böllerverbot auf einmal nachholen.
Das Böllerverbot
Die Meinung der Bevölkerung ist klar: Laut einer Forsa-Umfrage im Oktober sprechen sich knapp 60 Prozent der Deutschen gegen privates Silvesterfeuerwerk aus.
Ganze 20 Prozent befürworten sogar ein generelles Verbot. Diese Tendenz zeigt sich in allen Altersgruppen außer bei den 35- bis 49-Jährigen. Zudem unterstützen bis zu 70 Prozent der Frauen Gesetzesänderungen, während es bei Männern immerhin bis zu 46 Prozent sind.
Dagegen verteidigt der Bundesverband Pyrotechnik (BVPK) die Tradition.
„Die letzte Silvesternacht hatte nichts mit dem Brauchtum zu tun, die bösen Geister zu vertreiben“, kommentiert Ingo Schubert, der Vorsitzende des BVPK.
Er sieht die Übergriffe als Resultat von Frust, gestiegenen Kosten und allgemeiner Unzufriedenheit. Die negativen Ereignisse seien durch den unsachgemäßen Gebrauch von in Deutschland illegaler Pyrotechnik ausgelöst worden, wie Vogelschreck-Pyromunition aus Schreckschusspistolen.
Umsatzboom nach Corona-Tief
Nicht nur die Ausschreitungen, sondern auch der Umsatz durch Feuerwerksverkäufe erreichte im letzten Jahr Rekordhöhen: 180 Millionen Euro wurden 2022 generiert. Und auch zum aktuellen Jahreswechsel erwartet der Verband der pyrotechnischen Industrie ähnlich hohe Zahlen.
Die Branche ist zuversichtlich, dass auch dieses Jahr die Nachfrage groß sein wird. Vor dem Corona-Tief in den Jahren 2020 und 2021 lag der Rekord bei 137 Millionen Euro in den Jahren 2016 und 2017.
„Letztes Jahr sind die ganzen Altbestände in den Verkauf gegangen“, erklärt BVPK-Vorsitzender Schubert.
Zusätzlich seien die Preise für Feuerwerke durch die teure Seefracht um 30 bis 50 Prozent gestiegen. Dieser Anstieg ist auch in diesem Jahr noch spürbar.
Eine Benchmarkbatterie kostete vor Corona bei Lidl und Aldi zwei Euro, heute sind es etwa sechs Euro. „Ein Container Gefahrgut aus China hat vor ein paar Jahren um die 10.000 Dollar gekostet, zwischenzeitlich waren es dann aber 30.000 Dollar pro Seefracht“. Ein Container transportiert rund 1200 Kartons. Runtergerechnet sind das um die 25 Euro pro Karton, vorher lag der Preis bei circa 8 Euro.
Warum aber die drastische Preiserhöhung? Der Pyrotechnik-Experte erklärt:
„Ein Böllerverbot gab es so nur in Deutschland, die anderen Länder haben über die Corona-Zeit weiter fröhlich aus China importiert, die jedes Jahr die Preise kontinuierlich um 10 bis 15 Prozent erhöht haben.“
Drei Jahre später spürt Deutschland den Preisanstieg schlagartig.
Herausforderungen im kommenden Jahr
Auch wenn sich die Lage im nächsten Jahr entspannen mag, öffnete China vor kurzem den Inlandsmarkt für Feuerwerk, was zuvor in der Volksrepublik lange verboten war.
„Der chinesische Markt ist sehr einfach, es gibt keine Baumusterprüfung und die Qualität wird nicht ganz so wichtig genommen wie in der EU“.
Das führt dazu, dass viele Fabriken lieber den chinesischen Inlandsmarkt bedienen. „Das macht es schwerer an Ware zu kommen“, sagt Schubert.
Deutschland hat im EU-Vergleich sogar strengere Regeln beim Verkauf von Böllern. Hierzulande dürfen nicht mehr als 20 Gramm Satzpulver in Raketen verwendet werden, während es EU-weit ganze 75 Gramm sind.
Die erlaubten Schwarzpulver-Böller führen eher zu Brandblasen, wenn sie in den Händen explodieren.
Aufgrund fehlender einheitlicher Regeln in der EU können bestimmte Raketen, die in Deutschland verboten sind, im Umland erworben werden, besonders in Tschechien oder Polen. Beispielsweise sind Blitzknallböller bis 0,5 Gramm dort erhältlich, die „auch schon sehr schmerzhaft sein können“, so Schubert.
Trotz gestiegener Preise, wirtschaftlicher Herausforderungen und der Verbotsdiskussion ist die Kauflust bei Feuerwerkskörpern in diesem Jahr ungebrochen, sagt Schubert. Wie jedoch Ausschreitungen ohne Verbot vermieden werden können?
„Anstelle eines generellen Verbots könnten Verbotszonen helfen, vor allem in Innenstädten, wo Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden können“, rät Schubert.
Doch das Wichtigste sei der Appell an die Vernunft der Menschen.