19. September, 2024

Wirtschaft

Fed setzt historischen Zinssenkungszyklus in Bewegung

Fed setzt historischen Zinssenkungszyklus in Bewegung

Nach vier Jahren stabiler Zinspolitik wird die Federal Reserve am Mittwoch voraussichtlich die Zinsen senken und damit das Ende des aggressivsten Inflationsbekämpfungsprogramms seit den 1980er Jahren einläuten. Esther George, ehemalige Präsidentin der Kansas City Fed, beschreibt die erwartete Entscheidung als lang herbeigesehnt und entscheidend. Konkret wird eine Senkung um 0,25 Prozentpunkte erwartet, wodurch der Leitzins auf eine neue Spanne von 5,0 bis 5,25% gesenkt wird.

Investoren setzen überwiegend auf eine Zinssenkung um 25 Basispunkte, obwohl die Wahrscheinlichkeit für eine tiefere Senkung von 50 Basispunkten bei etwa 50% liegt. Der aktuelle Bewertungstrend spiegelt die jüngsten Inflations- und Arbeitsmarktdaten wider.

Die politische Dimension ist brisant: Etwa sechs Wochen vor den Präsidentschaftswahlen fordern einige Republikaner, dass die Zinssenkungen erst nach den Wahlen erfolgen sollten. Die Fed plant jedoch eine anhaltende Ära niedriger Zinsen bis 2025 und 2026, was die Kreditaufnahme für Verbraucher und Unternehmen erleichtern wird.

Neben aktuellen Zinsentscheidungen wird die Fed auch neue Projektionen veröffentlichen, wie oft sie die Zinsen im Jahr 2024 senken will. Luke Tilley von Wilmington Trust rechnet mit zwei weiteren Senkungen um je 25 Basispunkte in diesem Jahr. Gleichzeitig räumt er ein, dass größere Senkungen möglich wären, sollten die Marktreaktionen positiv ausfallen.

Esther George erwartet, dass die Fed die Zinsen insgesamt um 1,25 bis 1,5 Prozentpunkte senken könnte, bevor sie eine Pause zur Überprüfung der wirtschaftlichen Situation einlegt. Fed-Gouverneur Chris Waller zeigt sich flexibel und will größere Senkungen unterstützen, sollten die Daten diese erfordern.

Die Inflation zeigt rückläufige Tendenzen, was den Optimismus der Fed stärkt, ihren 2%-Zielwert zu erreichen. Die Verbraucherpreisinflation lag zuletzt bei 3,2% und die Inflationserwartungen sind ebenfalls im Rückgang begriffen. Parallel dazu verlangsamt sich der Arbeitsmarkt. Diese Entwicklungen veranlassen die Fed, ihren Fokus stärker auf den Arbeitsmarkt zu legen.

Fed-Chef Jay Powell betonte im August, dass der Fed der Arbeitsmarkt ebenso wichtig sei wie die Preisstabilität. Er kündigte an, dass die Fed bei einer weiteren Abschwächung des Arbeitsmarktes bereit sei, die Zinsen zu senken. Ebenfalls erwartet wird, dass Powell diese Botschaft bei der Pressekonferenz am Mittwoch wiederholt.

Die Sitzung könnte mehrere Szenarien eröffnen: Powell könnte darauf hindeuten, dass größere Zinssenkungen folgen könnten, wenn dies notwendig ist, um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren. Wilmer Stith von Wilmington Trust glaubt, dass Powell eine ausgewogene Haltung bewahren wird, während EY-Chefökonom Gregory Daco auf eine graduelle Senkungspolitik setzt.

Obwohl die jüngsten Arbeitsmarktdaten eine drohende Rezession entkräften, bleibt die Sorge, dass äußerliche Schocks, wie ein Ölpreisschock oder ein Einbruch des Aktienmarktes, die Wirtschaft verletzlich machen könnten. Tilley sieht dennoch eine „weiche Landung“ der Wirtschaft, trotz vorhandener Risiken.