Ein Jahr der Chancen für Schnäppchenjäger und ein herausforderndes Umfeld für die Fahrradbranche: Der deutsche Fahrradhandel lockte auch zu Beginn der Saison 2025 mit stattlichen Rabatten auf die Listenpreise. Dies resultiert aus überfüllten Lagern, in denen millionenweise unverkaufte Räder Kapital binden. Experten aus der Fahrradindustrie und dem Händlerverband VSF signalisieren jedoch, dass diese Trendwende nicht von Dauer sein könnte.
Obwohl die Verbraucherpreise insgesamt gestiegen sind, verbilligten sich E-Bikes im vergangenen Jahr um durchschnittlich 300 Euro. Dies berichtet der Zweiradindustrieverband ZIV in Berlin, während herkömmliche Fahrräder geringfügig teurer wurden. Insgesamt sank der Umsatz bei fast gleichbleibender Stückzahl um 10,3 Prozent auf 6,33 Milliarden Euro.
Die Nachwehen der Corona-Krise lasten noch immer auf dem Verkauf. Hatte die Branche während der Pandemie mit Lieferengpässen zu kämpfen, folgte darauf eine Überproduktion und ein Nachlassen der Nachfrage. So wurden 2024 in Deutschland 3,85 Millionen Fahrräder verkauft, leicht weniger als 2023. Besonders betroffen waren diejenigen ohne Motorantrieb, während sich E-Bikes weiterhin großer Beliebtheit erfreuten – sie machten mehr als die Hälfte des Absatzes aus. Laut ZIV-Geschäftsführer Burkhard Stork soll der E-Bike-Anteil sogar auf 70 bis 75 Prozent steigen.
Die Preisentwicklung könnte sich bald umkehren, da 30 Prozent der Fachhändler von einer Normalisierung ihrer Bestände berichten. Sollte der Handel aus Vorsicht weniger ordern, droht ein sogenannter Schweine-Zyklus, bei dem die Nachfrage das Angebot übertreffen könnte. Um dem entgegenzuwirken, plant die Industrie, mit flexiblen Lieferzeiten zu reagieren. VSF-Geschäftsführer Uwe Wöll ist zuversichtlich, dass die Händler bald wieder vermehrt bestellen werden.
Ein weiteres Hindernis könnte die Langlebigkeit der E-Bikes sein. Ihre Akkus übertreffen Erwartungen und verlängern die Lebensdauer der Räder auf acht bis neun Jahre. Dies hat dazu geführt, dass die Anzahl der in Deutschland vorhandenen E-Bikes im vergangenen Jahr auf 15,7 Millionen angestiegen ist. Das übersteigt bei Weitem frühere Prognosen. Mit einem Gesamtbestand von 88,7 Millionen Rädern gibt es mittlerweile mehr Fahrräder als Einwohner in Deutschland. Stork zeigt sich optimistisch, dass durch geplante Investitionen in die Fahrradinfrastruktur die Pro-Kopf-Rate steigen könnte, annähernd an das Niveau der Niederlande.