Der Begriff „Gottes Nahrung“ kursiert in Gesundheitsforen, auf TikTok, Instagram und YouTube. Dahinter steckt ein Name: Fabian Kowallik.
Der ehemalige Unternehmensberater hat mit seinem Buch einen Ernährungstrend angestoßen, der gesunde Ernährung, Spiritualität und gesellschaftliche Systemkritik vereint – und das alles unter dem Label einer „göttlichen“ Ernährungsweise.
Was zunächst nach esoterischem Nischenprogramm klingt, trifft in Wahrheit einen wunden Punkt in der Gesellschaft: das Bedürfnis nach Orientierung, Reinheit und Entgiftung in einer Welt voller Convenience Food, Zuckerfallen und industrieller Überreizung.
Gesunde Ernährung trifft spirituelle Dogmatik
Gottes Nahrung propagiert radikale Einfachheit: pflanzlich, vollwertig, unverarbeitet. Kein Zucker, kein Weizen, keine tierischen Produkte. Kowalliks zentrale Botschaft: Wer nicht bewusst isst, vergiftet sich – nicht nur körperlich, sondern auch geistig.
Diese spirituelle Aufladung der veganen Ernährung spricht vor allem junge, gesundheitsbewusste Zielgruppen an.
Der Ansatz – ein Mix aus Clean Eating, Superfood, Intervallfasten und antikapitalistischer Konsumkritik – hat auf Social Media bereits Hunderttausende erreicht. Kowalliks Buch wird als „Erweckungserlebnis“ gefeiert, seine Community wächst rasant, seine Empfehlungen gehen viral.
Der Haken: Ton und Takt fehlen oft.
Aggressives Social-Media-Marketing sorgt für Kritik
So wichtig Kowalliks Anliegen ist – der missionarische Ton seiner Social-Media-Beiträge wirkt oft abschreckend. Wer nicht seiner Linie folgt, wird rasch als „vergiftet“, „verwirrt“ oder „entfremdet“ dargestellt. Aussagen wie „Brot ist Sünde“ oder „Kaffee zerstört dein göttliches Bewusstsein“ sind symptomatisch für eine Kommunikation, die nicht überzeugen, sondern dominieren will.

Gerade in einem sensiblen Themenfeld wie Ernährung kann dieser Ansatz gefährlich werden. Menschen mit Essstörungen oder psychischen Vorbelastungen laufen Gefahr, sich durch die radikale Wortwahl unter Druck gesetzt oder moralisch verurteilt zu fühlen.
Zudem berichten selbst loyale Follower, dass sie sich von der ständigen Flut aggressiver Posts überfordert fühlen. Was als Inspiration begann, wird zur täglichen Ermahnung. Ein Social-Media-Auftritt, der eher konfrontiert als motiviert.
Warum der Ernährungstrend trotzdem relevant ist
Trotz der berechtigten Kritik an Kowalliks Stil: Die Grundidee hinter Gottes Nahrung ist nicht nur legitim, sondern notwendig. In einer Zeit, in der Übergewicht, Zivilisationskrankheiten und Lebensmittelunverträglichkeiten zunehmen, ist eine stärkere Auseinandersetzung mit gesunder Ernährung überfällig.
Dass Kowallik diese Debatte angestoßen hat – wenn auch mit brachialem Stil – ist ein Verdienst. Er rückt die Rolle von Zucker, industrieller Verarbeitung und Marketingillusionen ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Und er gibt Menschen einen konkreten Ansatz an die Hand, ihre Ernährung grundlegend zu hinterfragen.
Eine wichtige Bewegung mit Kommunikationsproblemen
Gottes Nahrung ist ein Ernährungstrend, der bleibt. Er trifft einen Nerv, weil er mehr bietet als Diät-Tipps oder Superfood-Rezepte: Er vermittelt ein ganzheitliches Konzept für gesunde Ernährung, geistige Klarheit und Selbstverantwortung.
Doch Fabian Kowallik steht sich oft selbst im Weg. Wer Menschen erreichen will, sollte sie nicht beschämen. Wer neue Wege zeigen will, braucht auch Geduld. Eine gesunde Gesellschaft entsteht nicht durch Druck, sondern durch Verständigung.
Die Bewegung hinter Gottes Nahrung hat Substanz. Aber sie braucht einen Ton, der nicht nur laut ist, sondern auch klug.
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