16. September, 2024

Wirtschaft

EZB vor erneutem Zinsschritt: Spannung um weitere Maßnahmen steigt

EZB vor erneutem Zinsschritt: Spannung um weitere Maßnahmen steigt

Die Europäische Zentralbank (EZB) steht kurz davor, erneut die Zinsen zu senken, doch die Unsicherheiten über die darauffolgenden Schritte sind groß. Auf den ersten Blick scheint die bevorstehende Zinssenkung um 25 Basispunkte unstrittig zu sein. Die eigentliche Spannung liegt jedoch in den Signalen, die die EZB danach senden wird.

Seit dem letzten Treffen der EZB haben Händler eine erneute Zinssenkung nach September, höchstwahrscheinlich im Dezember, vollständig eingepreist und sehen auch die Möglichkeit einer Senkung im Oktober. Im Juli war die Erwartung für eine weitere Zinssenkung nach September noch deutlich geringer, weshalb Anleger nun gespannt auf Hinweise von EZB-Präsidentin Christine Lagarde warten.

Die EZB-Politiker sind hinsichtlich aufeinanderfolgender Zinssenkungen noch unentschlossen. Felix Feather, Ökonom beim Vermögensverwalter abrdn, betont, dass Lagarde die datenabhängige Rhetorik der EZB beibehalten wird. Während die Inflation im August mit 2,2 % dem Ziel der EZB am nächsten seit 2021 gekommen ist und das Lohnwachstum sich verlangsamt, drängen Tauben darauf, dass eine zu langsame Senkung die Inflationsziele gefährden könnte.

Die Disinflation hat sich hauptsächlich durch sinkende Energie- und Warenpreise ergeben und ist laut Ökonomen weitgehend abgeschlossen. Die EZB prognostiziert, dass die Inflation zum Jahresende auf 2,5 % steigen wird. Die Kerninflation bleibt jedoch knapp unter 3 % und die Dienstleistungsinflation über 4 %. Falken sind daher der Meinung, dass weitere Lockerungen erforderlich sind, um die Inflation zu kontrollieren.

Soeren Radde von Point72 argumentiert, dass die EZB durch eine schrittweise, quartalsweise Senkung der Zinsen wenig zu verlieren hat. Das geringe Wachstum im zweiten Quartal und die zähe Kerninflation könnten die EZB veranlassen, ihre Wachstumsprognose zu senken und die Prognose für die Kerninflation leicht anzuheben. Langfristig rechnet die EZB jedoch weiterhin damit, dass die Inflation bis Ende 2025 auf 2 % zurückgeht.

Der Euro stieg Ende August auf $1,12015, seinem höchsten Stand seit über einem Jahr. Ein stärkerer Euro könnte theoretisch dazu beitragen, die Inflation zu zähmen, aber laut EZB-Forschung wären dazu deutlich schärfere und langanhaltendere Bewegungen erforderlich.

Ein neues Rahmenwerk der EZB von März zielt darauf ab, Stabilität auf dem Geldmarkt zu schaffen, während die Zentralbank Milliarden von Euro aus dem Finanzsystem abzieht. Durch die Senkung der Prämie für wöchentliche Liquiditätsauktionen will die EZB Banken entlasten und den Interbankenhandel beleben. Obwohl derzeit überschüssige Liquidität rund 3 Billionen Euro beträgt, wird es Jahre dauern, bis diese Änderungen spürbar werden.

Wichtiger könnten die Details zu langfristigen Kredit- und Anleihekaufprogrammen sein, die die EZB bekannt geben wird, sobald ihre Bilanz wieder wächst. Frederik Ducrozet von Pictet Wealth Management betont diesbezüglich die Unsicherheiten im Geldmarktsystem.