Das führende Klima-Expertengremium der Bundesregierung stellt infrage, ob Deutschland seine gesetzten Treibhausgas-Minderungsziele für 2030 erreichen wird. Laut dem Vorsitzenden des Expertenrats für Klimafragen, Hans-Martin Henning, geht man derzeit von einer Verfehlung aus. Diese Einschätzung basiert auf einem Sondergutachten, in dem die Prognosen des Umweltbundesamts (UBA) analysiert wurden.
Mitte März hatte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck noch optimistisch verkündet, Deutschland sei auf dem richtigen Kurs, die Klimaziele zu erreichen. Diese Hoffnung teilt der Expertenrat jedoch nicht. Die Klimaziele sehen vor, dass bis 2030 der Treibhausgas-Ausstoß um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert werden soll, bis 2040 sogar um 88 Prozent. Vor dem Hintergrund dieser ehrgeizigen Pläne drängt der Expertenrat auf verstärktes Handeln seitens der Regierung.
Zwei wesentliche Faktoren führen laut Expertenrat zu der pessimistischen Einschätzung: Zum einen fehlen in den aktuellen Projektionen Angaben zur Wahrscheinlichkeit der angenommenen Emissionsentwicklung. Eigenen Berechnungen zufolge geht der Rat daher nicht davon aus, dass das 2030-Ziel erreicht wird. Zum anderen seien wichtige Entwicklungen nicht in die UBA-Prognosen eingeflossen. Besonders gravierend wirken sich die Kürzungen des Klima- und Transformationsfonds aus, die infolge des Karlsruher Haushaltsurteils notwendig wurden. Auch veränderte Markterwartungen für Gaspreise und Zertifikatspreise im europäischen Emissionshandel tragen zu dieser Skepsis bei.
Ein Sprecher Habecks betonte, man habe stets auf Unsicherheiten hingewiesen und unter bestimmten Bedingungen sei die Zielerreichung weiterhin möglich. Dennoch sehen die Wissenschaftler es als notwendig an, dass die Bundesregierung rasch Maßnahmen ergreift, um die Klimaziele noch zu erreichen. Es wird auch erwartet, dass das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 ohne zusätzliche Anstrengungen nicht erreicht werden kann.
Die Aufgabe des Expertenrats besteht unter anderem darin, jährlich die vorläufigen Treibhausgas-Daten des Umweltbundesamts zu überprüfen und alle zwei Jahre ein Gutachten zur Wirksamkeit der Klimaschutzmaßnahmen zu präsentieren. Die aktuellen Entwicklungen unterstreichen die Bedeutung ihrer Arbeit und die Dringlichkeit der politischen Entscheidungen im Klimaschutz.