„Keine Rose ohne Dornen“ heißt ein altes Sprichwort. Doch Botaniker wissen: Die stacheligen Auswüchse an Rosenstängeln sind keine Dornen, sondern „Prickel“ – biologisch eindeutig verschieden von den steifen, holzigen Dornen anderer Pflanzen. Prickel sind ein faszinierendes Beispiel für wiederholte Evolution. In den letzten 400 Millionen Jahren entwickelten Pflanzen diese schützenden Strukturen 28 Mal. Während Rosen Prickel an ihren Stielen ausbilden, tun dies andere Pflanzen an ihren Blättern oder Früchten.
Neue Erkenntnisse aus einer Studie, die am Donnerstag in „Science“ veröffentlicht wurde, beleuchten, wie Pflanzen Prickel unabhängig voneinander durch Nutzen eines einzigen Gens entwickelten. Diese Entdeckung könnte die Möglichkeit eröffnen, die DNA von Pflanzen zu verändern, um ihre Prickel zu entfernen und sie damit als Nutzpflanzen attraktiver zu machen.
Zachary Lippman, Pflanzengenetiker am Cold Spring Harbor Laboratory, untersuchte eine Gruppe von Nutzpflanzen wie Kartoffeln, Tomaten und Auberginen. Während diese Nutzpflanzen keine Prickel haben, sind einige ihrer wilden Verwandten damit überzogen. Ursprünglich müssen frühe Landwirte die Prickel aus den wilden Pflanzen herausgezüchtet haben. Dies weckte bei Dr. Lippman und seinen Kollegen das Interesse, wie diese Spikes überhaupt entstanden sind.
Prickel bieten nicht nur Schutz vor Tierfraß, sie dienen auch anderen Zwecken – etwa beim Klettern oder zum Anhängen von Samen an Tiere. Charles Darwin erkannte dieses Phänomen als Konvergenz: dieselbe Eigenschaft entwickelt sich mehrfach unabhängig voneinander. Um zu verstehen, wie Pflanzen auf Prickel konvergierten, kreuzten Dr. Lippman und sein Team verschiedene Auberginensorten. Sie fanden heraus, dass ein spezielles Gen namens LOG für das Wachstum von Prickeln verantwortlich ist.
Durch Mutationen in diesem Gen können Pflanzen Prickel verlieren, ohne ihren allgemeinen Wachstumsvorgang zu beeinträchtigen, da über Jahrmillionen hinweg mehrere Kopien des LOG-Gens entstanden sind. Weitere Untersuchungen zeigten, dass LOG-Gene auch bei anderen Pflanzen eine ähnliche Rolle spielen. Neue Erkenntnisse könnten helfen, wilde Pflanzen in domestizierte Nutzpflanzen zu verwandeln – wie etwa die Wüstenbeere aus Australien, die nach einer Genveränderung prickelfrei wurde.
Vivian Irish, Evolutionsbiologin an der Yale University, erklärt, dass diese Forschungen zeigen, wie konvergente Evolution durch wiederholte Nutzung eines alten Gens neues Wachstum hervorbringen kann: „Innovation spiegelt in vielen Fällen einfach die Wiederverwendung alter Gene in neuer Weise wider.“