05. Februar, 2025

Wirtschaft

Europas Weg zur wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit: Draghi fordert massive Investitionen

Europas Weg zur wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit: Draghi fordert massive Investitionen

Die Europäische Union steht vor einer bedeutsamen Herausforderung: Um wirtschaftlich mit den globalen Rivalen USA und China mitzuhalten, seien weitaus mehr koordinierte Industriepolitik, schnellere Entscheidungsprozesse und massive Investitionen nötig. Diese Ansicht vertritt Mario Draghi, ehemaliger Präsident der Europäischen Zentralbank und italienischer Premierminister, in einem nun veröffentlichten, lang erwarteten Bericht.

Die Europäische Kommission hatte Draghi vor einem Jahr beauftragt, Vorschläge zu erarbeiten, wie die EU ihre grünere und stärker digitalisierte Wirtschaft in Zeiten zunehmender globaler Spannungen wettbewerbsfähig halten kann. Im Anfangsteil des Berichts, der insgesamt rund 400 Seiten umfassen soll, schätzt Draghi den notwendigen Investitionsbedarf auf jährlich 750-800 Milliarden Euro, was bis zu 5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht—weit höher als die 1-2 % vom Marshall-Plan nach dem Zweiten Weltkrieg.

Zwar haben die EU-Staaten bereits auf die neuen Gegebenheiten reagiert, doch Draghi bemängelt die eingeschränkte Wirksamkeit durch mangelnde Koordination. Unterscheidliche Subventionsniveaus zwischen den Ländern beeinträchtigen den Binnenmarkt, und die Fragmentierung behindert die notwendige Skalierung für den globalen Wettbewerb. Darüber hinaus sei der Entscheidungsprozess der EU komplex und träge.

Der Bericht betont, dass die EU sich auf die drängendsten Themen fokussieren, eine effiziente Politikkoordination hinter gemeinsamen Zielen sicherstellen und bestehende Governance-Verfahren neu nutzen müsse, um Mitgliedsstaaten, die schneller voranschreiten wollen, dies zu ermöglichen. Besonders ins Auge fällt die kontinuierlich langsamere Wachstumsrate der EU im Vergleich zu den USA in den letzten zwei Jahrzehnten, während China rasch aufholt. Ein bedeutender Teil dieses Rückstands sei auf eine geringere Produktivität zurückzuführen.

Zudem entstehen Zweifel am Wirtschaftsmodell Deutschlands, das einst als Motor der EU galt—aktuell erwägt Volkswagen seine ersten Werksschließungen dort. Draghi hebt außerdem hervor, dass die EU Schwierigkeiten habe, mit den gestiegenen Energiepreisen zurechtzukommen, nachdem sie den Zugang zu günstigem russischem Gas verloren habe, und sich nicht mehr auf offene Auslandsmärkte verlassen könne.

Für eine zukunftsfähige EU fordert Draghi eine Stärkung der Innovation, Senkung der Energiepreise bei gleichzeitiger Dekarbonisierung sowie die Reduktion von Abhängigkeiten, insbesondere von China bei wichtigen Mineralien, und eine Erhöhung der Verteidigungsinvestitionen.