22. Juli, 2024

Wirtschaft

Europas Batterieindustrie in der Krise: Projekte gestoppt, Konkurrenz wächst

Europas Batterieindustrie in der Krise: Projekte gestoppt, Konkurrenz wächst

Europas aufstrebende Batterieindustrie steht vor großen Herausforderungen. Die weltweiten Absatzrückgänge bei Elektroautos zwingen Unternehmen dazu, Projekte im Umfang von mehr als 2 Millionen Elektrofahrzeugen pro Jahr zu stornieren oder zu verschieben. Seit Jahresbeginn wurden Investitionspläne für etwa 158 Gigawattstunden prognostizierter Produktion zurückgezogen.

Ein Hauptgrund dafür ist die geringe Nachfrage und der verstärkte Druck durch chinesische Zellhersteller. Europäische Automobilhersteller haben ihre Elektrifizierungspläne zurückgeschraubt, da die Verkäufe von batteriebetriebenen Fahrzeugen in den ersten fünf Monaten des Jahres 2024 lediglich um 2,4 Prozent gestiegen sind. Im Mai dieses Jahres sanken die Verkäufe laut Daten der CRU Group sogar um 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Eine Folge dieser Entwicklung sind signifikante Rückschläge für europäische Batterie-Start-ups. Northvolt, das als Vorzeigeunternehmen für die heimische Batterieproduktion galt, hat vergangene Woche eine strategische Überprüfung angekündigt, die zu Verzögerungen bei neuen Fabriken in Deutschland, Kanada und Schweden führen könnte. Diese Entscheidung wurde getroffen, nachdem das schwedische Unternehmen einen wichtigen Vertrag mit BMW im Wert von 2 Milliarden US-Dollar verloren hatte.

Auch PowerCo, die Batterie-Tochter von Volkswagen, hat die Entscheidung über den Bau einer vierten Batteriefabrik in Europa auf unbestimmte Zeit verschoben. Selbst chinesische Unternehmen ziehen sich zurück: Svolt hat im Mai Pläne für eine Batterieanlage in Deutschland aufgegeben, unter Berufung auf Unsicherheiten bei Planung, Zöllen und Subventionen sowie den Verlust eines wichtigen Kunden.

Ein führender Investor in Automobil- und EV-Lieferkettenunternehmen erklärte: "Die Batterieindustrie in Europa war einst ein Bereich großer Träume und großer Summen, aber jetzt findet das große Aussortieren statt."

Die Folgen der reduzierten Elektrifizierungspläne europäischer Automobilkonzerne sind gravierend. Rho Motion hat seine Prognose für den Absatz von batteriebetriebenen Fahrzeugen in Europa bis 2030 um 15 Prozent nach unten korrigiert. Ein führender Banker, der an europäischen Batterieprojekten arbeitet, erwartet weitere Verzögerungen und Produktionskürzungen, hält aber zusätzliche Stornierungen für unwahrscheinlich.

Ein weiterer Wettbewerbsvorteil der asiatischen Hersteller sind die kostengünstigeren Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien (LFP). Diese Batterien haben europäische Hersteller dazu gezwungen, ihre Strategien zu überdenken. ACC, ein Joint Venture zwischen Mercedes-Benz und Stellantis, hat kürzlich die Arbeit an Gigafabriken in Deutschland und Italien pausiert, um kostengünstigere Batterietechnologien zu erforschen.

Von Analysten wird ebenfalls beobachtet, dass europäische Autohersteller vermehrt auf koreanische Batterien setzen. Samsung SDI hat die von BMW aufgegebenen Aufträge von Northvolt übernommen, und Renault hat einen milliardenschweren Vertrag mit LG Energy Solution abgeschlossen. LFP-Batterien werden damit zu einem wichtigen Baustein für erschwingliche Elektrofahrzeuge in Europa.

Insgesamt bleibt die europäische Batterieindustrie vor großen Herausforderungen stehen, um mit der asiatischen Konkurrenz mitzuhalten.