15. Dezember, 2024

Wirtschaft

Europäische Zentralbank: Zinsen weiterhin im Fokus, jedoch mit Bedacht

Europäische Zentralbank: Zinsen weiterhin im Fokus, jedoch mit Bedacht

Der lettische Vertreter im Rat der Europäischen Zentralbank, Martins Kazaks, hat betont, dass die Zinsen weiter gesenkt werden sollten, auch wenn ein Niveau zur Ankurbelung der Wirtschaft nicht notwendig sei. Seiner Einschätzung nach, bleibt die Inflation über dem Ziel, und die EZB könne die Kreditkosten schrittweise bis zum sogenannten neutralen Punkt senken, an dem sie das Wachstum nicht mehr behindern. Kazaks sieht in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage wenig Bedarf, die Zinsen unter den neutralen Wert zu senken, da die Wirtschaft nicht so schwach sei und die Inflation nicht dauerhaft unter das Ziel fallen dürfte. Trotz dieser Einsicht behält die Europäische Zentralbank alle Optionen offen, insbesondere angesichts geopolitischer Konflikte und eines möglicherweise anspruchsvolleren Handelsumfelds. Laut Kazaks wird erwartet, dass die Einlagezinsen in den kommenden Monaten in kleinen Schritten von ihrem aktuellen Stand bei 3% auf etwa 2% gesenkt werden könnten. Anleger spekulieren sogar, dass die Kosten bis Herbst 2025 auf 1,75% fallen werden. Diese Annahmen stehen nicht im Widerspruch zu den Überlegungen der Zentralbank. Die Debatte über den neutralen Zinssatz wird jedoch durch die Tatsache erschwert, dass er in Echtzeit nicht präzise gemessen werden kann. Kazaks schätzt den neutralen Wert näher bei 2% als bei 3%, während Präsidentin Christine Lagarde einen Bereich von 1,75% bis 2,5% angibt. Einige Mitglieder des Rats, wie etwa François Villeroy de Galhau aus Frankreich und Fabio Panetta aus Italien, sind der Auffassung, dass eine weitere Senkung erforderlich sein könnte. Andere, wie Isabel Schnabel aus dem Direktorium, warnen jedoch davor, zu weit zu gehen und damit den Spielraum für andere wirtschaftspolitische Maßnahmen zu gefährden. Martins Kazaks’ aktueller Term läuft am 21. Dezember aus, und das lettische Parlament wird zwei Tage zuvor über seine Wiederernennung abstimmen. Der 51-Jährige sieht die Geldpolitik nicht als wesentliche Stellschraube, um die Konjunktur zu steuern, insbesondere angesichts struktureller Herausforderungen wie Demografie und internationalen Kapitalflusshemmnissen.