23. September, 2024

Wirtschaft

Europäische Stahlindustrie unter Druck: Ruf nach neuen Schutzmaßnahmen gegen günstige chinesische Importe

Europäische Stahlindustrie unter Druck: Ruf nach neuen Schutzmaßnahmen gegen günstige chinesische Importe

Europäische Stahlhersteller appellieren an die Handelsbehörden, um die jüngste Flut chinesischer Stahlexporte zu bewältigen, die die Preise in Europa unter die Produktionskosten gedrückt haben. Ein neues, umfassendes Zollsystem wird gefordert, um die marktverzerrenden Auswirkungen der globalen Überkapazitäten einzudämmen und die heimischen Hersteller, die durch schwache Nachfrage und hohe Energiekosten geschwächt sind, zu schützen.

China, der weltweit größte Stahlproduzent, wird voraussichtlich mehr als 100 Millionen Tonnen Stahl in diesem Jahr exportieren, mehr als in jedem Jahr seit 2016. Dieser Anstieg hat bereits zu Handelskonflikten geführt und mehrere Länder dazu veranlasst, Zölle auf Importe einzuführen. Auch wenn direkte chinesische Exporte nach Europa seit der Einführung von Schutzmaßnahmen im Jahr 2018 gering sind, leidet die europäische Industrie unter den Folgewirkungen zunehmender Importe aus anderen Regionen.

Genuino Christino, Finanzvorstand bei ArcelorMittal, dem größten europäischen Stahlproduzenten, erklärte, dass die Mengen an chinesischem Exportstahl „riesig“ seien und dass die Industrie mit einer ähnlichen Krise wie 2015 und 2016 konfrontiert sei. Der deutsche Stahlhersteller Salzgitter bezeichnete chinesische, subventionierte Exporte unter Produktionskosten als Bedrohung für die Nachhaltigkeit der europäischen Stahlindustrie und deren grüne Transformation.

Russell Codling von Tata Steel UK weist darauf hin, dass die aktuellen Marktbedingungen ein „riesiges Problem“ für die Branche darstellen, insbesondere angesichts der schwachen Nachfrage. Axel Eggert, Generaldirektor von Eurofer, forderte die Regulierungsbehörden auf, europäische Produzenten mit globalen, zollähnlichen Maßnahmen zu unterstützen, um den Auswirkungen chinesischer Verkäufe in andere Märkte zu begegnen.

Besorgniserregend sind auch Berichte von Deutschlands größtem Produzenten Thyssenkrupp Steel, wonach die Importe von Flachstahlprodukten in die EU in den ersten vier Monaten von 2024 um 30 Prozent gestiegen sind, was den Druck auf die europäische Industrie weiter erhöht. Diese Entwicklung gefährdet auch Investitionen in den grünen Wandel der Branche.

Bastian Synagowitz von der Deutschen Bank unterstreicht die Schwäche des EU-Marktes und die immer noch steigenden Importe. ArcelorMittals Christino betont, dass Europa nun netto Stahl importiert, obwohl es früher ein Nettoexporteur war. Dies betone die Dringlichkeit, dass die EU ihr geplantes CO2-Grenzausgleichssystem richtig umsetzt und auf eine breitere Produktpalette ausweitet.

Laut Matthew Watkins von der CRU Group stellen auch steigende Importe von stahlhaltigen chinesischen Gütern, insbesondere Elektrofahrzeugen, eine zusätzliche Herausforderung dar, da sie direkt mit der europäischen Industrie konkurrieren. Die EU untersucht derzeit mehr als 40 Fälle von angeblich gedumpten oder subventionierten chinesischen Exporten, darunter mehrere Metallprodukte. Trotz der Forderungen nach Maßnahmen gibt ein EU-Handelsbeauftragter an, dass derzeit keine Bereitschaft bestehe, einen Konflikt mit China über Stahl zu beginnen.