Die erneute Wahl von Donald Trump als US-Präsident stellt die europäischen Führungen vor komplexe Herausforderungen. Der bisherige Umgang mit Trump als vorübergehende Anomalie erfordert nun eine grundlegende Neubewertung. Europa, lange auf die Sicherheit und wirtschaftliche Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten angewiesen, muss sich an einen Präsidenten gewöhnen, der in seinem Handeln überwiegend vom Eigeninteresse geleitet wird und traditionelle Allianzen in Frage stellt.
Dies führt zu einer Vielzahl von Problemen. Neben möglichen US-Zöllen könnten europäische Länder in einen Handelskonflikt zwischen den USA und China geraten, den beiden größten Exportmärkten Europas. Wenn Trump die Ukraine zu einem Abkommen mit Putin zwingt, droht Europa ein erstarkter russischer Präsident. Europäische Staaten stehen vor der dringenden Notwendigkeit, die kollektive Verteidigung zu stärken und die Wirtschaft unabhängiger von den USA und China zu machen.
Doch der Weg dorthin ist politisch steinig. Der so wichtige deutsch-französische Motor stockt, Großbritannien ist nicht mehr Teil der EU, und populistische Kräfte sehen in Trump eher eine Chance als eine Bedrohung. Die Gefahr besteht, dass europäische Länder individuelle Wege gehen. Um die liberale Demokratie zu bewahren, muss Europa auf kollektive Maßnahmen setzen.
Ein dringendes Thema ist die Ukraine. Europäische Partner sollten Kiew stärken, bevor es zu Verhandlungen kommt. Sollte Trump die Unterstützung entziehen, muss Europa bereit sein, finanziell einzuspringen. Zudem sollten sich europäische Staaten auf eine kleinere Rolle der USA in der NATO einstellen. Das erfordert höhere Investitionen in die eigene Verteidigungsfähigkeit weit über das 2-Prozent-BIP-Ziel hinaus.
Um notwendige Investitionen zu finanzieren, muss Europas Wirtschaft gestärkt werden. Hier spielt der EU-Innovationsplan von Mario Draghi eine bedeutende Rolle. Technologische Barrieren und die Integration der Kapitalmärkte innerhalb der EU sollen überwunden werden. Der Umsetzungswille der EU-Mitglieder könnte jedoch der entscheidende Faktor sein.
Trotz dieser Herausforderungen hat Europa in der Vergangenheit gezeigt, dass es historische Prüfungen meistern kann. Diesmal muss es jedoch dringend aufwachen und entschlossen handeln.