03. Februar, 2025

Wirtschaft

Europa als Lagerplatz für China

Handelsexperten widersprechen den Befürchtungen vieler EU-Politiker – Doch einige Branchen haben Grund zur Sorge.

Europa als Lagerplatz für China
Mit einem Exportwachstum von 57 % auf 5,2 Millionen Fahrzeuge im Jahr 2023 bedrohen chinesische Hersteller europäische Autobauer – gestützt durch hohe staatliche Subventionen.

Der frühere US-Präsident Donald Trump hat in Aussicht gestellt, bei einer möglichen Wiederwahl neue Zölle gegen China zu verhängen. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte er Strafzölle auf chinesische Importe in Höhe von 370 Milliarden Dollar eingeführt.

Nun fürchten europäische Politiker und Wirtschaftsvertreter, dass China als Reaktion verstärkt Waren auf den EU-Markt lenken könnte. Eine Analyse aktueller Handelszahlen und Expertenmeinungen zeigt jedoch ein differenzierteres Bild.

Steigende Importe aus China?

Die Exporte Chinas in die USA erreichten 2023 einen Wert von rund 536 Milliarden Dollar. Trotz bestehender Zölle blieb das Handelsvolumen hoch, da viele Unternehmen Wege fanden, die zusätzlichen Kosten zu umgehen. Gleichzeitig verzeichnete die EU 2023 chinesische Importe im Wert von etwa 515 Milliarden Euro, ein Plus von 9 % gegenüber dem Vorjahr.

Handelsexperten wie Simon J. Evenett von der Universität St. Gallen und Fernando Martín vom Federal Reserve Bank of St. Louis halten es für unwahrscheinlich, dass ein erneuter Zollstreit zu einer massiven Umlenkung chinesischer Waren nach Europa führen würde.

Eine Analyse der ersten Handelskrieg-Phase zwischen 2018 und 2021 zeigt, dass die Umverteilung begrenzt blieb: Damals stiegen Chinas Exporte in die EU nur um 15 Milliarden Dollar, während sie durch höhere Produktionskosten gleichzeitig um 12 Milliarden Dollar zurückgingen.

Während Donald Trump in seiner ersten Amtszeit chinesische Importe mit Zöllen belegte, stiegen die Exporte Chinas in die EU nur um 15 Milliarden Dollar – eine weitaus geringere Umlenkung als befürchtet.

Welche Branchen betroffen sein könnten

Während eine generelle Überschwemmung des EU-Marktes mit chinesischen Waren unwahrscheinlich erscheint, sehen Experten Risiken in bestimmten Sektoren. Besonders die Automobilindustrie steht unter Druck.

China exportierte 2023 rund 5,2 Millionen Fahrzeuge, ein Anstieg von 57 % im Vergleich zu 2022. Diese Entwicklung ist unter anderem auf großzügige staatliche Subventionen zurückzuführen.

Laut einer Analyse der OECD belaufen sich Chinas Subventionen für Elektrofahrzeuge auf das Drei- bis Vierfache der üblichen Förderungen in Europa. Dies hat dazu geführt, dass chinesische Hersteller wie BYD oder Nio mit Kampfpreisen auf den europäischen Markt drängen.

In Reaktion darauf hat die EU-Kommission bereits Antidumpingzölle auf chinesische Elektrofahrzeuge verhängt, um Wettbewerbsverzerrungen entgegenzuwirken.


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Reaktionen der EU und mögliche Gegenmaßnahmen

Die EU-Kommission plant, ihre Handelspolitik gegenüber China zu verschärfen. Neben den bereits beschlossenen höheren Zöllen auf chinesische Elektroautos könnten weitere Maßnahmen folgen, darunter verschärfte Importkontrollen für staatlich subventionierte Produkte.

Die EU hat in den letzten Jahren verstärkt auf strategische Handelsabkommen gesetzt, um ihre Abhängigkeit von China zu reduzieren. So wurde 2023 ein Freihandelsabkommen mit Vietnam vertieft, das den Import von Elektronikprodukten aus einer alternativen Quelle erleichtern könnte. Ähnliche Gespräche laufen mit Indien und Indonesien.

Kein breiter China-Schock

Die Befürchtung, dass Europa von einer Flut chinesischer Waren überrollt wird, wenn Trump neue Zölle verhängt, erscheint laut Handelsexperten übertrieben. Zwar wird sich die Handelsdynamik ändern, doch die Mechanismen des globalen Marktes verhindern eine massive Umverlagerung.

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