Die Europäische Union plant, den Anteil der in Europa produzierten Medikamente signifikant zu erhöhen, um die kontinuierliche Versorgung mit lebenswichtigen Arzneimitteln sicherzustellen. Dabei sollen verkürzte Genehmigungsverfahren und erweiterte finanzielle Anreize aus öffentlichen Geldern unterstützen. Dieses Vorhaben bedarf noch der Zustimmung des Europäischen Parlaments und der Mitgliedsstaaten.
Hintergrund dieser Initiative sind in der Vergangenheit häufig aufgetretene Engpässe bei Schmerzmitteln, Antibiotika und Fiebersäften, die teils durch konzentrierte Produktionsstätten und knappe Wirkstoffressourcen verursacht wurden. Laut Ulrike Holzgrabe, Pharmazie-Professorin der Universität Würzburg, erschweren zudem strikte Umweltgesetze die Arzneimittelproduktion in Europa. So haben etwa umweltbedingte Schließungen in der deutschen Chemieindustrie die Lage verschärft.
Ein Großteil der europäischen Medikamente, etwa 80 bis 90 Prozent, wird derzeit in Asien gefertigt, vornehmlich in China. Gesundheitsminister, darunter Karl Lauterbach, warnen vor den Risiken unterbrochener Lieferketten bei globalen Konflikten. Sie mahnen, Teile der großzügigen Etats für Medikamentensicherheit anzulegen, um Versorgungsengpässe zu vermeiden.
Darüber hinaus könnte das Gesundheitswesen durch die neuen Regelungen entlastet werden. EU-Abgeordneter Peter Liese betont, dass die Verlagerung der Produktion nach Europa letztlich Kosten sparen könnte, obwohl initiale Ausgaben hoch wären. Man hoffe, das medizinische Personal zu entlasten, das derzeit viel Zeit für die Beschaffung geeigneter Medikamente aufwenden muss.
Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Rolle der Apotheker: Gabriele Overwiening, Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, fordert, dass Apotheker zukünftig selbst Alternativen bei nicht verfügbaren Medikamenten vorschlagen können, ohne den Umweg über ärztliche Rezepte. Dies könnte Patienten unnötige Besuche in Arztpraxen und Apotheken ersparen.