Die Europäische Kommission hat einen bedeutenden Schritt gemacht und von den 27 EU-Staaten genügend Unterstützung erhalten, um Strafzölle auf in China hergestellte Elektrofahrzeuge zu erheben. Diese Entscheidung wurde mit viel Spannung erwartet, da sich nur fünf der 15 benötigten Hauptstädte gegen die bis zu 35,3-prozentigen Zölle ausgesprochen haben, trotz intensiver Lobbyarbeit seitens Chinas und Deutschlands.
Obwohl zwölf Enthaltungen auf dem Papier als schwache Unterstützung erscheinen, wird in Brüssel die Entscheidung als Maßnahme gewertet, die sowohl den Ergebnissen der Kommission gemäß als auch mit Rücksicht auf mögliche Gegenmaßnahmen Chinas getroffen wurde. Ein Scheitern hätte die ehrgeizige China-Politik der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stark beschädigt und angesichts einer möglichen Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus im kommenden November die Glaubwürdigkeit der EU untergraben.
Die Entscheidung, die Ausgleichszölle auf Elektrofahrzeuge beizubehalten, ist auch im Hinblick auf die Beziehungen zur USA von Bedeutung. Laut Alicia Garcia-Herrero von der französischen Investmentbank Natixis sendet sie ein klares Signal darüber, wie die EU zu China steht, insbesondere im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl. Der Entscheidungsprozess offenbarte jedoch die tiefen Risse an der Spitze Europas: Frankreich stimmte für die Zölle, während Deutschland dagegen war.
Olaf Scholz, der deutsche Bundeskanzler, versuchte wochenlang, andere europäische Staatschefs zu überzeugen, seiner Meinung zu folgen und überstimmte seine Koalitionspartner, um ein Nein von Berlin zu sichern. Diese Bemühungen blieben jedoch weitgehend erfolglos; Spanien enthielt sich, und Irland änderte seine Haltung zugunsten der Zölle.
Die Sorge über mögliche chinesische Vergeltungsmaßnahmen bleibt groß, besonders nach dem Inkrafttreten der Zölle im November. Dies könnte dazu führen, dass China zumindest Anti-Dumping-Zölle auf französischen Cognac erhebt und den Zugang zu wichtigen Mineralien einschränkt. Unterdessen sucht die EU verhandlungsbereite Ansätze, wobei technische Gespräche auf höchster Ebene zwischen chinesischen und deutschen Vertretern weiterhin stattfinden.
Es steht viel auf dem Spiel, und die Entschlossenheit der EU, ihre eigene Autoindustrie durch Zölle zu schützen, wird weiterhin auf die Probe gestellt. Gleichzeitig bleibt die Frage, wie Europa ohne eine übermäßige Abhängigkeit von chinesischen Unternehmen im Bereich der kritischen grünen Technologien Fortschritte machen kann.