Der EU-Munitionsplan für die Ukraine gerät zunehmend in Gefahr und aus Osteuropa werden nun Forderungen nach entschlossenen Rettungsversuchen laut. Estlands Verteidigungsminister Hanno Pevkur forderte, dass man bereit sein sollte, in Drittstaaten Munition zu kaufen, falls diese nicht ausreichend aus eigenen Lagern und über eigene Bestellungen bei der Industrie organisiert werden könne. Diese Maßnahme sei eine mögliche Lösung, so Pevkur in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Pevkur wies darauf hin, dass erhebliche Mengen an in der EU produzierter Munition aufgrund von bestehenden Verträgen in andere Staaten geliefert werden. Seiner Meinung nach könnten mit diesen Ländern Verhandlungen geführt werden, um die Munition dann in die von Russland angegriffene Ukraine umzuleiten. Laut Pevkur sei die Produktion vorhanden, es müsse lediglich eine Vereinbarung mit den Drittstaaten getroffen werden.
Diese Forderungen sind eine Reaktion auf den schleppenden Fortschritt des EU-Plans zur Lieferung von einer Million Artilleriegeschossen an die Ukraine bis zum Frühjahr 2024. Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte bereits am Dienstag erklärt, dass er ein Scheitern des Plans erwartet. Gründe dafür seien unzureichende Produktionskapazitäten.
Pevkur betonte jedoch, dass es keine gute Idee sei, europäische Rüstungsunternehmen zur Priorisierung von Bestellungen für die Ukraine zu zwingen. Dies würde die Beziehungen zu Drittstaaten und zur Industrie ruinieren. Stattdessen schlägt er vor, mit den Drittländern eine Vereinbarung zu treffen, bei der Lieferungen im gegenseitigen Einverständnis verschoben würden, um mehr Geschosse in die Ukraine schicken zu können.
Obwohl Pevkur nicht näher darauf einging, mit welchen Drittstaaten verhandelt werden könnte, wird davon ausgegangen, dass derzeit etwa 40 Prozent der Produktion in Drittländer exportiert wird, so der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.
Die Diskussionen und Fortschritte in Bezug auf die Unterstützung der Ukraine und Hilfspläne für die Zukunft waren am Dienstag Topthema bei einem Treffen der Verteidigungsminister in Brüssel. Die EU-Staaten hatten versprochen, innerhalb von zwölf Monaten eine Million neue Artilleriegeschosse für den Abwehrkrieg gegen Russland bereitzustellen. Bisher konnten jedoch nur etwa 300.000 der versprochenen Artilleriegranaten geliefert werden, weitere 180.000 wurden bereits über gemeinschaftliche Beschaffungsprojekte bestellt, so der Auswärtige Dienst der EU.
Auch der lettische Verteidigungsminister Andris Spruds äußerte sich vor den EU-Beratungen ähnlich wie Pevkur. Er forderte 'Ehrgeiz und Ambitionen', um die gesetzten Ziele zu erreichen.