Die EU-Staaten haben sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Regularien für Gentechnik zu lockern. Mit dieser Entscheidung, die von der polnischen Ratspräsidentschaft in Brüssel bekannt gegeben wurde, öffnen sich nun die Türen für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament über eine endgültige Lösung. Die von der EU-Kommission im Sommer 2023 angeregte Reform soll die Forschung und den Handel mit genetisch veränderten Pflanzen erleichtern.
Im Kern der Diskussion steht die Reduktion von Kennzeichnungspflichten, was dazu führen könnte, dass im Supermarkt nicht mehr zwingend gekennzeichnet wird, wenn bestimmte Gentechnikverfahren angewendet wurden. Diese Änderungen beziehen sich auf genetische Anpassungen, die auch durch konventionelle Züchtungsmethoden möglich wären. Trotz der Lockerung könnten einzelne EU-Staaten weiterhin den Anbau von stark veränderten Pflanzen untersagen, was einen Kompromiss zu dem ursprünglichen Vorschlag darstellt.
Kritiker warnen vor der damit einhergehenden Intransparenz und den begrenzten Möglichkeiten für Konsumenten, eine bewusste Entscheidung beim Kauf zu treffen. Der Forsa-Ernährungsreport 2024 zeigt, dass 64 Prozent der Befragten auf den Hinweis zu gentechnikfreien Lebensmitteln Wert legen, ein Rückgang im Vergleich zu den 83 Prozent vor einem Jahrzehnt.
Neben Bedenken bezüglich der möglichen Schwächung der Bio-Landwirtschaft sehen Umweltschützer in der Entscheidung ein Ungleichgewicht zugunsten großer Konzerne, die durch Patente mehr Kontrolle erlangen könnten. Befürworter der Reform verweisen jedoch auf die Vorteile genetisch veränderter Pflanzen wie allergenfreie Erdnüsse und solche, die besser mit dem Klimawandel umgehen können oder höhere Erträge liefern. Wissenschaftliche Stimmen betrachten die gesundheitlichen Risiken der neuen Techniken als minimal.
In Deutschland lehnt die aktuelle Regierung unter Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) die Lockerung ab und unterstützt eine transparente Kennzeichnung. Eine mögliche künftige Bundesregierung hat sich bisher nicht zu ihrer Haltung in dieser Angelegenheit geäußert.