Europas Kapitalmärkte stehen vor wegweisenden Veränderungen, ruft Stephan Leithner, Co-Chef der Deutschen Börse, auf. In einem kürzlich veröffentlichten Papier des Dax-Konzerns fordert Leithner umfangreiche Reformen, um die Kapitalmarktunion in eine echte Spar- und Investitionsunion zu transformieren. Der Zeitpunkt könnte kaum passender sein, da die neue EU-Kommission bald ihre Arbeit aufnehmen wird und die wirtschaftlichen Herausforderungen in Europa zunehmen.
Ziel ist es, das Potenzial des europäischen Kapitalmarktes voll auszuschöpfen, das im weltweiten Vergleich nach wie vor unterentwickelt ist. Leithner legt dar, dass die EU mit einem starken Fokus auf Bürger und Investoren nicht nur den schwächelnden Wirtschaftswachstum entgegentreten, sondern vor allem privates Kapital stärker mobilisieren soll – besonders im Bereich der Altersvorsorge über Pensionsfonds.
Der Appell enthält klare Forderungen: weniger Fragmentierung der Aktienmärkte, harmonisierte Anforderungen für Börsennotierungen und eine verbesserte Digitalisierung. Leithner sieht es als essenziell an, dass das immense Sparpotenzial von mehr als 33 Billionen Euro, das derzeit in Bargeld oder Bankeinlagen gebunden ist, besser genutzt wird. Steuerliche Anreize könnten neue Spar- und Investmentprodukte in der EU fördern.
Parallel dazu hob EZB-Präsidentin Christine Lagarde den Wert einer geeinten Kapitalmarktunion hervor. Sie fordert die Einführung eines europäischen Sparstandards, um in einem fragmentierten globalen Umfeld widerstandsfähiger zu werden. Ein standardisiertes EU-weites Sparprodukt könnte Transparenz und Zugänglichkeit fördern und Anlegern neue Möglichkeiten bieten.
Mit dem Rückenwind der jüngsten Unterstützung seitens der EU-Staats- und Regierungschefs könnte das bisher schleppende Projekt der Kapitalmarktunion neuen Schwung erhalten. Am Horizont zeichnet sich ein ehrgeiziges Ziel ab: Europas Kapitalmärkte als Schlüsselinstrument für den grünen und digitalen Wandel zu etablieren.