Im Vorfeld der entscheidenden Beratungen der EU-Fischereiminister zur Festlegung der Fangquoten in der Ostsee drängt der Umweltverband WWF auf eine restriktive Herangehensweise. In Anbetracht des alarmierenden Zustands der Fischbestände und des gesamten Ostsee-Ökosystems plädiert der WWF dafür, die Fangmengen nicht nur nach wissenschaftlichen Empfehlungen zu bemessen, sondern darunter zu bleiben, um eine nachhaltige Erholung zu fördern. Laut Philipp Kanstinger, Fischereiexperte des WWF Deutschland, steht das Ökosystem der Ostsee längst an einem kritischen Punkt. Jahrzehnte der Überfischung, übermäßiger Nährstoffeintrag und der Einfluss der Klimakrise haben dazu geführt, dass die Bestände von Kabeljau und Hering rapide zurückgegangen sind.
Besonders im Zusammenhang mit der Schollenfischerei, bei der Kabeljau oft als Beifang anfällt, fordert Kanstinger eine dringend erforderliche Kürzung der Beifangquote. Aufgrund der bereits erschreckend geringen Kabeljaubestände sei eine Erholung gefährdet. Eine verstärkte Kontrolle der Fischfangvorgänge sei ebenfalls unerlässlich. Um illegalen Beifang von Kabeljau zu verhindern, sollte eine verpflichtende Überwachung mit Kameras auf See in Betracht gezogen werden.
Der Vorsitzende des Landesfischereiverbands Schleswig-Holstein, Lorenz Marckwardt, beschreibt die Lage der Ostseefischerei als besorgniserregend. Stetige Quotenkürzungen hätten zur Schließung zahlreicher Familienbetriebe geführt. Die Fischer verlangen, die Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft drastisch zu reduzieren und die Bergung alter Munition zu beschleunigen. Auch die wachsende Population von Kormoranen und Seehunden, die die Fischbestände zusätzlich belasten, wird als Herausforderung gesehen.