EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz überraschende Pläne offenbart: Die sogenannte Ausweichklausel der europäischen Schuldenregeln könnte aktiviert werden, um den Mitgliedstaaten signifikante Erhöhungen ihrer Verteidigungsausgaben zu ermöglichen. Von der Leyen betonte, dass die aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen, insbesondere durch Russland sowie die angekündigte Rücknahme sicherheitspolitischer Verantwortung durch die USA, ein entschlossenes Handeln erfordern.
US-Präsident Donald Trump hat zusätzlichen Druck ausgeübt, indem er von den europäischen NATO-Mitgliedern forderte, fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung bereitzustellen. Dies würde für viele Länder, darunter Deutschland, eine mehr als Verdopplung der aktuellen Verteidigungsausgaben bedeuten.
Die durchschnittlichen Verteidigungsausgaben der EU-Länder betragen derzeit etwa zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Eine Erhöhung auf über drei Prozent würde jährliche Investitionen in Milliardenhöhe nach sich ziehen. Laut Schätzungen würde die Europäische Union in den kommenden zehn Jahren rund 500 Milliarden Euro zusätzliche Mittel für Verteidigung benötigen. Projekte wie ein europäisches Luftverteidigungssystem sowie die Stärkung der östlichen Grenze der Union sind im Gespräch.
Die erwähnte Ausweichklausel erlaubt es Mitgliedsländern, zeitweise von den Haushaltsplänen abzuweichen, um dringende Investitionen zu ermöglichen. Diese Regelung kam zuletzt während der Corona-Pandemie 2020 zur Anwendung. Ursula von der Leyen betonte, dass die aktuelle Situation eine ähnliche Reaktion erfordern könnte.
Noch steht eine Entscheidung über die Aktivierung der Ausweichklausel aus, da der Rat der Mitgliedstaaten erst noch konsultiert werden muss. Parallel dazu wird in Deutschland über eine Anpassung der nationalen Schuldenbremse nachgedacht, für die Bundeskanzler Olaf Scholz Befürworter zu sein scheint.