Der erste Versuch endete im Nirwana der geplatzten Spac-Blase. Jetzt setzt Yoni Assia auf ein Revival – getrieben von Krypto, KI und Konsumlaune. Mit seiner Trading-Plattform Etoro, einst Vorreiter des Social Trading, will der Unternehmer erneut an die US-Börse.
Die Unterlagen für den IPO liegen bei der US-Börsenaufsicht SEC, das Tickersymbol steht: ETOR. Die Plattform positioniert sich offensiv für die zweite Chance. Doch der Weg an die Wall Street ist heute steiler – und der Preis niedriger.
IPO light – die Bewertung fällt moderater aus
Noch 2021 träumte Assia von einer Bewertung über 10 Milliarden Dollar. Die Realität im Frühjahr 2025: Etoro peilt rund 5 Milliarden Dollar an.
Damit liegt die angepeilte Marktkapitalisierung nur noch bei der Hälfte der damaligen Spac-Pläne – aber immerhin deutlich über der letzten Finanzierungsrunde im Jahr 2023, bei der Etoro auf 3,5 Milliarden Dollar taxiert wurde.
Dass das IPO-Fenster aktuell wieder offensteht, verdankt Etoro einem günstigen Timing: Die Märkte sind wieder in Kauflaune, die Zinssenkungsfantasie lebt, und Kryptowährungen erleben eine Renaissance, die sogar politische Rückendeckung von Donald Trump bekommt. Auch Konkurrent Klarna meldete kürzlich seine Rückkehr auf den IPO-Radar.

Zahlen, die Vertrauen wecken sollen
In den Prospektzahlen für das Geschäftsjahr 2024 präsentiert sich Etoro als profitabler Wachstumswert:
- Umsatzwachstum: +46 Prozent auf 931 Millionen Dollar
- Nettogewinn: 192 Millionen Dollar (Vorjahr: 15 Millionen)
- Kundenzahl: 3,5 Millionen „funded accounts“
- Assets under custody: 16,6 Milliarden Dollar
Besonders bemerkenswert: Der Gewinnsprung – im Fintech-Sektor noch immer ein seltenes Phänomen. Rückenwind gab es vor allem im letzten Quartal 2024, als Krypto-Trading und Optionen boomen – ein Effekt, der stark mit kurzfristiger Marktstimmung verknüpft ist.
Wachstum auf spekulativem Fundament
Etoro ist längst mehr als eine Social-Trading-Plattform. Das Unternehmen positioniert sich als One-Stop-Shop für Anlageprodukte, von Aktien über ETFs bis zu Krypto. Rund 70 Prozent der Kunden stammen aus Europa und Großbritannien. Die USA sind bisher eher Ziel- als Heimatmarkt – doch der IPO könnte das ändern.
Dass Assia mit seiner Plattform jetzt erneut aufs Börsenparkett drängt, ist kein Zufall: Der aktuelle Kryptohype wirkt wie ein Brandbeschleuniger. Bitcoin liegt wieder über 70.000 Dollar, Ethereum zieht nach – und US-Präsident Trump hat Kryptowährungen zur Wahlkampfrhetorik erhoben. Es ist die Art von Momentum, auf der Etoro seine Geschichte aufbaut.
Aber was passiert, wenn die Party vorbei ist?
Die Wachstumsstory von Etoro lebt von spekulativer Marktaktivität. Besonders lukrativ sind Gebühren auf Kryptowährungen, Optionen und gehebelte Produkte. Doch was, wenn die Märkte drehen? Was, wenn Anleger Risiko wieder meiden?
Der Boom 2021 hatte Etoro bereits einmal in den IPO-Modus katapultiert – nur um dann an der Realität der Marktzyklen zu zerschellen. Der aktuelle Aufschwung wirkt robuster, keine Frage. Aber er bleibt volatil. Sollte sich das wirtschaftliche Umfeld eintrüben oder die regulatorische Lage – gerade im Krypto-Sektor – kippen, könnte das Modell ins Wanken geraten.
Warum Etoro trotzdem Chancen hat
Trotz aller Risiken: Der Schritt an die Börse kommt nicht zu früh. Anders als viele Fintechs, die mit Verlusten und Geschäftsmodellzweifeln kämpfen, bringt Etoro operative Gewinne mit. Das schafft Glaubwürdigkeit bei Investoren, gerade im derzeitigen Umfeld, in dem Profitabilität wieder zählt.
Hinzu kommt: Die Plattform kennt ihre Zielgruppe. Junge, digitalaffine Anleger, die keine Bank wollen, sondern Tools. Wer im Self-Directed-Investing wächst, hat mittelfristig auch Chancen auf Cross-Selling in Bereichen wie Vermögensverwaltung, Sparpläne oder tokenisierte Assets.
Ambitioniert – aber diesmal realistischer
Etoro geht den Börsengang nicht mehr mit der Euphorie von 2021, sondern mit den Narben des ersten Scheiterns. Das macht den zweiten Versuch glaubwürdiger. Eine Bewertung von 5 Milliarden Dollar ist ambitioniert, aber nicht absurd. Der Gewinn gibt Rückendeckung, der Markt spielt mit – zumindest aktuell.
Doch der Deal ist nicht ohne Risiko: Etoro lebt vom Momentum. Und das ist bekanntlich flüchtig. Wer in ETOR investiert, setzt darauf, dass die neue Lust auf Risiko keine kurzfristige Laune ist – sondern eine neue Normalität.
Das könnte Sie auch interessieren:
