Die andauernden proeuropäischen Proteste in Georgien haben eine besorgniserregende Wende genommen. Brutale Angriffe auf friedliche Demonstranten und Medienschaffende erschüttern das Land. In zahlreichen Aufnahmen, die in sozialen Netzwerken kursieren, sind maskierte Männer in schwarzer Kleidung zu sehen, wie sie ohne Rücksicht auf Verluste auf Menschen einschlagen und treten. Selbst eine Reporterin des oppositionellen Senders TV Pirveli blieb von dieser Welle der Gewalt nicht verschont, als sie zu Boden geschlagen wurde. Erschreckend ist dabei die Untätigkeit der Polizei, die Augenzeugenberichten zufolge den Übergriffen tatenlos zusah.
Präsidentin Salome Surabischwili fand klare Worte und verdächtigte die russische Führung, hinter diesen orchestrierten Attacken zu stehen. „Das russische Regime ist zurück in Tiflis“, kommentierte sie ein Video, das eines der brutalen Angriffe zeigt. Diese Männer drangsalieren Zivilisten, greifen Politiker und Journalisten an und verwüsten Oppositionsbüros. Die Präsenz solcher Kräfte wirft einen dunklen Schatten über die proeuropäischen Bestrebungen der Georgier, die sich gegen den Kurs der Regierung auflehnen, die Verhandlungen zum EU-Beitritt zu vertagen.
Es sind mittlerweile zehn Tage, an denen Tausende Menschen in der Hauptstadt und darüber hinaus mobil machen. Sie wenden sich gegen die Entscheidung, den EU-Beitrittsprozess aufzuschieben. An der Spitze dieser Bewegung stehen auch religiöse Vertreter, die ihre Unterstützung für die Demonstranten bekunden. Das angespannte Verhältnis zur Regierung und die grassierende Polizeigewalt unterstreichen die Spaltung des Landes. Der Menschenrechtsbeauftragte Lewan Iosseliani appellierte dringend an die Polizei, ihrer Pflicht nachzukommen, die Bürger zu schützen, während das Innenministerium Ermittlungen angekündigt hat.
Das vergangene Wahlergebnis, das der Regierungspartei Georgischer Traum den Sieg einbrachte, bleibt umstritten. Die Opposition, die den Westen im Blick hat, klagt über Wahlfälschung und fordert ein Zurück zur Demokratie und europäischer Integration. Darüber hinaus rücken Forderungen nach Freilassung der Festgenommenen in den Mittelpunkt der Demonstrationen, die trotz der brisanten Lage weiterhin friedlich geschehen sollen.