Für Tausende von Fernwärmekunden von Eon wird der Preisschock zur bitteren Realität. Schon im November letzten Jahres verlangte der Energiekonzern Zusatzkosten von bis zu 2000 Euro für das Jahr 2021.
Nun folgt die nächste Hiobsbotschaft: Auch für das Jahr 2022 steigen die Kosten erheblich. Ein Durchschnittshaushalt in Hamburg-Bergedorf könnte bis zu 3000 Euro mehr bezahlen müssen als geplant.
Während Eon bei Gas die Grundversorgungstarife gerade einmal verdoppelt habe, sei bei der Fernwärme eine Vervierfachung zu verzeichnen, kritisiert Energieexpertin Christina Wallraf.
Die Zahl der Beschwerden über steigende Fernwärmepreise erreicht rekordverdächtige Höhen, vor allem in Nordrhein-Westfalen. Über 400 Briefe sind bereits beim Kartellamt eingegangen, und auch in anderen Bundesländern mehren sich die besorgten Kunden.
Obwohl bisher keine kartellrechtlichen Verfahren eingeleitet wurden, sind die Behörden alarmiert. Ein Sprecher des Landeskartellamts Hamburg bestätigt, dass der Sachverhalt im Zusammenhang mit den Preiserhöhungen im Bereich Fernwärme geprüft wird. Ähnliche Prüfungen finden auch in anderen Kartellämtern statt.
Eon steht im Fokus dieser Untersuchungen. Der Essener Energiekonzern, einer der größten Anbieter von Fernwärme in Deutschland, sieht sich mit den meisten Beschwerden konfrontiert, wie Verbraucherschützer berichten.
Intransparente Preiserhöhungen und lokale Monopole
Patrick Schneckenburger, Leiter des Wärmegeschäfts bei Eon, verteidigt die Preispolitik des Unternehmens. Die Preise seien historisch hoch, aber es werde an preisdämpfenden Maßnahmen gearbeitet. Schneckenburger betont, dass Eon sich an alle gesetzlichen Vorgaben halte und nicht von den Preissteigerungen profitiere.
Die Kritik der Verbraucher und Experten richtet sich jedoch nicht nur gegen die Höhe der Preise, sondern auch gegen die Intransparenz der Preisformel von Eon. Während das Unternehmen für konventionelle Kunden Erdgas teilweise Jahre im Voraus einkauft, erfolgt die Beschaffung für Fernwärmekunden lediglich einen Monat im Voraus, am sogenannten Spotmarkt.
Verbraucherschützer bezweifeln die Behauptung von Eon, dass Fernwärme im Vergleich zu Erdgas immer noch günstiger sei. Die Verbraucherzentrale Bundesverband prüft Vorwürfe gegen namhafte Fernwärmeanbieter, und eine Musterfeststellungsklage wird diskutiert.
Fernwärme: Monopolstellung und fehlender Wettbewerb
Ein grundlegendes Problem im Bereich Fernwärme ist die fehlende Wahlmöglichkeit für Verbraucher. Anders als bei Gas oder Strom existiert bei der Fernwärme häufig ein lokales Monopol.
Eon beteuert, dass die Preise den vertraglich vereinbarten Formeln entsprechen. Die Preisformel berücksichtigt laut Eon die Erzeugungskosten des Unternehmens und die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt. Dabei orientiert sich Eon an einem Index für den Erdgasbörsenpreis.
Verbraucher und Experten zweifeln jedoch an der Transparenz und Fairness der Preisformel. Eine 45-seitige Studie eines Kunden zeigt auf, dass die Indizes in den Preisformeln je nach Standort willkürlich unterschiedlich gewichtet werden und zu unnötig hohen Preisen führen.
Die aktuellen Entwicklungen erinnern an vergangene Untersuchungen vor zehn Jahren, als das Bundeskartellamt Fernwärmebetreiber zu Millionen-Rückerstattungen verpflichtete. Der Essener Konzern Eon war damals bereits betroffen.
Aktuell versucht Eon, auf Dialogveranstaltungen besorgte Kunden zu beruhigen. Doch die Fragen nach der Transparenz der Preispolitik und der möglichen Monopolstellung des Unternehmens bleiben bestehen.
In der Zwischenzeit müssen Fernwärmekunden von Eon mit den Zuschlägen für das Jahr 2022 leben, während die Kartellbehörden die Vorwürfe weiter prüfen. Der Preisschock bei der Fernwärme hält Deutschland weiter in Atem.