Die britische Finanzministerin Rachel Reeves hat ihren ersten Haushalt präsentiert, der für gemischte Reaktionen im Anleihemarkt sorgte. Die nach der Rede veröffentlichten Zahlen führten zu einer unerwarteten Reaktion der Investoren. Während der Vorstellung am Mittwoch erlebten die 10-jährigen Staatsanleihen einen Anstieg um 8 Basispunkte und legten während Reeves’ Rede weitere 3 Basispunkte zu. Doch die Freude hielt nicht lange an. Ein halber Tag später kletterten die Renditen der 10-jährigen Anleihen um fast 20 Basispunkte, nachdem die Investoren den 205-seitigen Wirtschafts- und Fiskalausblick des OBR sondiert hatten. Die Informationen, die sie suchten, steckten jedoch in einem prägnant zusammengefassten Text mit 101 Wörtern, die den Kern der Einschätzungen darlegten. Der Haushalt umfasst eine jährliche Mehrausgabe von 70 Milliarden Pfund, wobei zwei Drittel für laufende und ein Drittel für Investitionsausgaben vorgesehen sind. Diese zusätzlichen Ausgaben drohen Zinssenkungen der Bank of England weiter hinauszuzögern. Die Finanzierung erfolgt zur Hälfte durch Steuererhöhungen in Höhe von 36 Milliarden Pfund pro Jahr, wodurch die Steuerbelastung auf ein Rekordhoch von 38 Prozent des BIP steigt. Die restlichen 32 Milliarden Pfund deckt die britische Regierung durch zusätzliche Kreditaufnahmen, die das BIP-Wachstum bis 2026 vorübergehend auf 2 Prozent steigern, aber langfristig nur wenig Einfluss auf die Produktionsleistung hinterlassen. Das Wachstumsplus könnte größere Bedeutung erlangen als die unangenehme Überraschung bei der Mittelbeschaffung. Reeves’ Umstellung auf neue fiskalische Regeln, die auf die Erhöhung der öffentlichen Investition abzielen, nutzen das zur Verfügung stehende Budget, um laufende Mehrausgaben zu unterstützen. Mit einem leicht erhöhten Wirtschaftswachstum wird den Marktakteuren klar, dass die britische Zentralbank die Zinsen zwar weiterhin senken könnte, jedoch langsamer als zuvor angenommen. Sollte die Regierung enttäuscht sein? Höhere Zinssätze bedeuten mehr Ausgaben für die Zinszahlungen an die Bank of England und steigende Emissionskosten für neue Schulden. Auf der anderen Seite ist Wirtschaftswachstum positiv zu bewerten, doch die fiskalischen Spielräume wurden nahezu vollständig ausgeschöpft. Reeves sieht sich langfristig der Herausforderung gegenüber, das Interesse von Pensionsfonds an neuen Anleihen zu wecken, da deren Bedarf durch höhere Anleiherenditen gesunken ist. Trotz all dieser Veränderungen ist eine Katastrophe à la Truss-Minihaushalt nicht in Sicht. Auch die Erweiterung der Sicherheitenpuffer entlastet hoch verschuldete Pensionsfonds. Reeves’ Haushalt könnte jedoch die kurzfristigen Erwartungen im Anleihemarkt neu definieren.