Deutschland spart Energie, und zwar in einem Maße, das Aufmerksamkeit erregt: Um fast acht Prozent ist der Verbrauch in der Industrie gesunken, wie das Statistische Bundesamt meldet.
Was auf den ersten Blick wie ein Fortschritt für die Energiewende klingt, hat jedoch weniger mit Klimapolitik und mehr mit der stagnierenden Wirtschaft zu tun.
Die aktuellen Entwicklungen in der Industrie zeigen, wie eng Energieverbrauch und Produktionsleistung verknüpft sind – und wie tief die Einschnitte in bestimmten Branchen bereits greifen.
Ein Rückgang mit Folgen
„Das sind Zahlen, die aufhorchen lassen“, kommentiert ein Sprecher des Statistischen Bundesamts die Meldung. Nachdem der Verbrauch bereits 2022 um mehr als neun Prozent gesunken war, bedeutet das zweite Minus-Jahr in Folge eine markante Veränderung.
Besonders stark betroffen sind die energieintensiven Branchen, zu denen etwa die Chemie- und Metallindustrie gehören. Diese Sektoren allein machen über 70 Prozent des Energieverbrauchs der deutschen Industrie aus und verbrauchten im vergangenen Jahr 11,2 Prozent weniger Energie.
Abhängigkeit von fossilen Energien bleibt hoch
Wer einen Anstieg erneuerbarer Energien erwartet, wird enttäuscht. Nach wie vor dominiert Erdgas die Energiequellen der Industrie und machte 2023 rund 28 Prozent des Gesamtverbrauchs aus.
Strom lag bei 21 Prozent, gefolgt von Mineralölprodukten und Kohle. Das zeigt: Trotz aller Ziele und Ankündigungen hat die Industrie ihre Abhängigkeit von fossilen Energieträgern bisher nicht grundlegend reduziert.
Stromproduktion in Deutschland sinkt – Importbedarf steigt
Parallel zum sinkenden Energieverbrauch der Industrie ist auch die Stromproduktion rückläufig. Seit dem Atomausstieg produziert Deutschland kontinuierlich weniger Strom – 2023 waren es 11,8 Prozent weniger als im Jahr zuvor.
Diese Lücke wird zunehmend durch Importe geschlossen, die um satte 40 Prozent auf rund 69 Milliarden Kilowattstunden stiegen. Das untermauert, wie stark Deutschland auf internationale Lieferanten angewiesen ist, um die Nachfrage zu decken – auch wenn die deutsche Industrie selbst weniger verbraucht.
Flexibilität für die Industrie: Anpassung an den Wind der Energiewende?
Die Bundesregierung plant eine Reform der Netzentgelte, die Unternehmen motivieren soll, sich flexibel an das schwankende Angebot erneuerbarer Energien anzupassen.
Der Vorschlag: Unternehmen, die bei Energieknappheit drosseln und bei Überangebot steigern, könnten ab 2026 Vorteile genießen. Wirtschaftsminister Habeck will so Anreize schaffen, die Industrie in die Energieplanung einzubinden und das Stromnetz zu entlasten.
Eine wacklige Balance zwischen Wirtschaft und Umwelt
Für die energieintensive Industrie bedeutet diese Umstellung vor allem eins: hohe Investitionen in eine Produktion, die je nach Stromangebot reguliert werden kann. Ob das gelingt, bleibt fraglich.
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Denn bislang fehlen vielen Unternehmen schlicht die Mittel und Technologien, um ihre Produktion dynamisch anzupassen. Die Frage, wie flexibel sich die deutsche Industrie in der Praxis zeigen kann, ist damit nicht nur eine technische, sondern auch eine wirtschaftliche Herausforderung.
Fazit
Der sinkende Energieverbrauch in der Industrie offenbart, wie tief die Herausforderungen der Energiepolitik im Zusammenhang mit einer zunehmend angespannten Wirtschaft greifen.
Auch wenn die Zahlen von einem geringeren Verbrauch sprechen, bleibt die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern bestehen und die Schwierigkeiten, eine stabile Stromversorgung allein aus Erneuerbaren sicherzustellen, unübersehbar. Das zeigt: Nicht jeder Erfolg in Sachen Einsparung bedeutet gleichzeitig einen Sieg für die Energiewende.