29. November, 2024

Reichtum

Einblick in die Welt der Buchkonservation: Wo Guillotinen auf Poesie treffen

Einblick in die Welt der Buchkonservation: Wo Guillotinen auf Poesie treffen

Würde man es nicht besser wissen, könnte man leicht meinen, die Guillotine zwischen den Räumlichkeiten des Sherman Fairchild Zentrums für Buchkonservation des Metropolitan Museums of Art sei ein gewöhnlicher Büroutensil. Doch für Mindell Dubansky und ihr Team ist sie ein unverzichtbares Werkzeug im täglichen Kampf gegen den Zahn der Zeit. Hier, im Untergrund der Kunstwelt, wird nicht weniger als die Gesundheit von Druckerzeugnissen erhalten – eine Arbeit, die viel Fingerspitzengefühl erfordert, denn pro Jahr finden rund 2.500 Bücher ihren Weg in die Hände der sechs Labormitarbeiter.

Obwohl die Bücher vielfältige und teils äußerst seltene Exemplare darstellen, sind sie den üblichen Alterserscheinungen organischer Materialien unterworfen: Bindungen lösen sich, Seiten reißen oder bröckeln, Klebstoffe verlieren ihre Haltekraft. Schädlinge, Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen und einfache Abnutzung können den Verfall beschleunigen. Dabei muss das Team behutsam vorgehen, denn die Handschrift ihrer Arbeit soll unsichtbar bleiben, so als wären sie niemals dort gewesen.

Seit beinahe einem Jahrhundert betreibt das Met eigene Buchpflege, doch erst seit 2011 existiert das jetzige Labor, das in Zusammenarbeit mit den Konservatoren entwickelt wurde. Es strahlt mit seinen antiken Werkzeugen, modernen Annehmlichkeiten und der stetigen Besucherrotation eine faszinierende Aura aus, die bei Liebhabern der geschriebenen Seite Begeisterungsstürme auslöst.

Dubansky, die eine Leidenschaft für das Wohl der Bücher hegt, erteilt Ratschläge für den Umgang mit literarischen Schätzen zu Hause. Extremen Temperaturschwankungen, Licht und Staub sollten gemieden, Bücher weder schief noch wie der Turm von Pisa gelagert werden. Transparente Mylar-Schutzumschläge können für besonderen Schutz sorgen, und das 'Aufknacken' eines Buches sollte eher metaphorisch als buchstäblich genommen werden, um schadensfrei zu bleiben.

Für die tägliche Lektüre rät sie von Haftnotizen und Büroklammern als Lesezeichen ab. Auch wenn Lederzeichen edel erscheinen, sind sie aufgrund ihrer Säurehaltigkeit ungeeignet. Die beste Wahl für ein Lesezeichen sei ein schlichter Papierstreifen, der die Seiten unversehrt lässt - während das Eselsohr bei ihr nur die Augenbrauen in die Höhe schnellen lässt.