In der parteipolitischen Arena Deutschlands entfaltet sich derzeit ein spannend-ergreifendes Schauspiel, das mehr mit maskiertem Boxen denn fairer Diskussion zu tun hat. Die Spitzenkandidaten der führenden Parteien ließen ihre Wahlprogrammentwürfe frühzeitig ins Licht der Öffentlichkeit treten, was für neugierige Beobachter kaum überraschend war. In glanzvoller Tradition der charmanten Auseinandersetzung tauschten die politischen Akteure letztendlich mehr Vorwürfe und fragwürdige Behauptungen aus als sachliche Argumente. Gleichzeitig eilen sie mit Appellen zum gegenseitigen Respekt und zur kollegialen Zusammenarbeit um die Ecke. Es scheint, als sei der paradiesische Zustand, in dem Moral in doppelter Ausführung verkündet wird, die neue politische Maxime. Doch es könnte auch einfach sehr gut situiertes Wahlkampftheater sein, das von der baldigen Gewissheit lebt: Der Spuk endet in weniger als zehn Wochen.