Die Zinssenkung, die niemand beruhigte
Es hätte ein ruhiger Abend an der Wall Street werden können: Die Fed senkt wie erwartet die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte. Doch statt Erleichterung brach ein Sturm los. Die großen Indizes taumelten – der S&P 500 verlor fast drei Prozent, der Nasdaq sogar 3,6 Prozent. Besonders hart traf es die Technologieriesen, die mit durchschnittlich 4,4 Prozent im Minus schlossen.
Nicht nur Aktien litten: Der Dollar legte kräftig zu, während der Euro unter 1,04 Dollar rutschte. Gold verlor an Wert, ebenso der Bitcoin. Sogar die Renditen für US-Staatsanleihen zogen an und erreichten den höchsten Stand seit Mai.
Zwischen den Zeilen: Die Fed enttäuscht die Märkte
Die heftige Reaktion hat eine klare Ursache: die Kommentare und Prognosen der Fed. Anleger hatten darauf gehofft, dass die Zinssenkung den Beginn einer lockeren Geldpolitik einläuten würde. Doch genau diese Hoffnung zerschlug Fed-Chef Jerome Powell mit seinen Aussagen.
„Die Fed sieht kaum Spielraum für weitere Zinssenkungen“, sagt Thomas Gitzel von der VP Bank.
Die ursprüngliche Prognose von vier möglichen Zinsschritten im Jahr 2025 wurde auf zwei reduziert.
Für Verunsicherung sorgte auch die Uneinigkeit im Federal Open Market Committee (FOMC): Ein Mitglied stimmte gegen die Zinssenkung und zeigte damit die wachsende Kluft innerhalb der Notenbank. Ein Zeichen dafür, wie groß die Sorgen über die Inflation sind, die zuletzt wieder leicht gestiegen ist.
Trump setzt zusätzliche Zeichen der Unruhe
Donald Trump, der frisch gewählte Präsident, scheint unbeabsichtigt Öl ins Feuer zu gießen. Seine Pläne für massive Steuersenkungen – finanziert durch höhere Schulden – könnten die Inflation weiter anheizen. Schon jetzt liegt das US-Haushaltsdefizit bei sieben Prozent der Wirtschaftsleistung.
„Sollte Trumps Politik Realität werden, drohen dauerhaft hohe Zinsen“, erklärt Birgit Henseler von der DZ Bank.
Das wäre ein Schlag vor allem für kleinere Unternehmen, die stark auf Fremdkapital angewiesen sind. Ihre Aktienkurse gehörten zu den großen Verlierern des Tages.
Blick nach Europa: Der Dollar gewinnt an Stärke
Während die Fed eher bremst, geht die Europäische Zentralbank in die entgegengesetzte Richtung. Analysten rechnen mit weiteren Zinssenkungen in Europa. Das könnte den Dollar weiter stärken und US-Aktien für europäische Anleger attraktiver machen – ein kurzfristiger Vorteil, der jedoch langfristig Ungleichgewichte verstärken könnte.
Was die Märkte 2025 erwartet
Experten warnen vor einem Jahr voller Herausforderungen. „Wir rechnen mit einer Zinspause im Januar und möglicherweise einer letzten Zinssenkung im März“, sagt Roland Metzenmacher von der BayernLB. Danach könnten steigende Löhne und Strafzölle die Inflation wieder anheizen.
Ab einem Zinssatz von fünf Prozent für US-Staatsanleihen sehen Analysten wie Mislav Matejka von J.P. Morgan eine kritische Schwelle erreicht.
„Das könnte der Punkt sein, an dem Konjunktursorgen die Märkte dominieren.“
Der Mini-Crash dieser Woche mag ein Vorgeschmack gewesen sein. Anleger sollten sich darauf einstellen, dass 2025 ein Jahr voller Risiken und Überraschungen wird.