Der politische Wandel Syriens nimmt konkrete Formen an. Ahmed al-Sharaa, der derzeitige Machthaber Syriens, empfängt den libanesischen Drusenführer Walid Jumblatt. Diese Zusammenkunft soll die Botschaft an die zahlreichen Minderheiten des Landes senden: In Syrien wird niemand im staatlichen Mosaik ausgeschlossen. Sharaa positioniert sich klar gegen konfessionelle Spaltungen und spricht von einer "neuen Ära fernab des Sektierertums".
Den Führungsanspruch, den der Chef der islamistischen Gruppierung Hayat Tahrir al-Sham (HTS) mit der Vertreibung Assads am 8. Dezember unterstrichen hat, wird allerdings von einigen Syrern und ausländischen Beobachtern mit Skepsis beäugt. Denn es bleibt die Frage, ob Sharaa nicht doch die Einführung einer strikten islamischen Regierung anstrebt. Doch in einer Rede, die von der libanesischen Sendung Al Jadeed übertragen wurde, versicherte Sharaa, dass der Schutz aller Religionsgruppen Priorität habe.
Auch Jumblatt, eine prägende Figur der Drusen, wünscht sich konstruktive Beziehungen zwischen Syrien und dem Libanon. Er sieht in Assads Sturz die Chance für eine neue diplomatische Dynamik zwischen beiden Staaten. Deutlich wird dieser Kurs der Zusammenarbeit auch durch Sharaas Ankündigung, eine Delegation in die drusische Stadt Sweida zu entsenden, um dort die Infrastruktur auszubauen.
Klar ist: Sharaa bemüht sich, mit politischen Besuchen und Versprechen die Zerrissenheit des Landes zu heilen und den Wiederaufbau Syriens in den Vordergrund zu stellen. Der 13 Jahre andauernde Bürgerkrieg hat seine Spuren hinterlassen, und so sollen seine jüngsten Treffen Vertrauen in eine divers und integrativ gestaltete Zukunft schaffen.