07. Oktober, 2024

Politik

Ein Migrationsabkommen, das keiner braucht? Deutschland schließt Deal mit Kenia

Während kaum Kenianer Asyl in Deutschland beantragen, hofft Berlin, mit dem Abkommen Rückführungen und Arbeitsmigration zu regeln. Doch in Kenia und Deutschland sorgt die Vereinbarung für Verwirrung.

Ein Migrationsabkommen, das keiner braucht? Deutschland schließt Deal mit Kenia
Kenias Präsident William Ruto verspricht 250.000 Jobs in Deutschland: Eine Zahl, die von der deutschen Regierung nicht bestätigt wurde – realistisch sind deutlich weniger Stellen für qualifizierte Fachkräfte.

Deutschland hat mit Kenia ein Migrationsabkommen geschlossen. Wirklich überraschend? Vielleicht nicht. Wirklich nötig? Das fragen sich einige. Denn Kenia gehört nicht gerade zu den Ländern, aus denen viele Menschen nach Deutschland flüchten. 459 Asylanträge in einem Jahr – das war’s.

Aber Berlin setzt hier auf Symbolik. Man will zeigen: Schaut her, wir bekommen das Thema Migration in den Griff. Aber funktioniert das wirklich so einfach?

Kenias Präsident im PR-Modus

Schauen wir mal nach Kenia. Präsident William Ruto vermeldete nach dem Deal stolz: „250.000 Jobs in Deutschland für Kenianer!“ Moment, was? Ja, richtig gelesen. Woher diese Zahl kommt, weiß allerdings niemand so genau. Selbst die Bundesregierung war irritiert und betonte schnell: „Es gibt keine festen Zahlen.“

Doch Ruto braucht dringend gute Nachrichten für sein eigenes Volk. Die Stimmung im Land ist angespannt. Hohe Arbeitslosigkeit, steigende Lebenshaltungskosten, Proteste. Da klingt der Gedanke an Hunderttausende Jobs in Deutschland wie ein politischer Rettungsanker.

Das Abkommen regelt die Rückführung abgelehnter Asylbewerber, obwohl nur wenige Kenianer in Deutschland ausreisepflichtig sind.

Realität trifft auf Symbolik

Die Wahrheit? Deutschland braucht qualifizierte Arbeitskräfte, klar. Besonders im IT-Bereich und in der Logistik könnten Bewerber aus Kenia tatsächlich helfen. Aber 250.000?

Das ist völlig übertrieben. Experten sind sich einig: So viele Fachkräfte gibt es in Kenia gar nicht, und schon jetzt reicht die deutsche Infrastruktur nicht aus, um solche Massen an Bewerbern zu verarbeiten.

„Man muss hier realistisch bleiben,“ sagt der Migrationsforscher Girmachew Adugno. Was Ruto als Lösung für Kenias Arbeitslosigkeit verkauft, könnte in Deutschland für unnötige Ängste sorgen: „250.000 Migranten?“ Das schreckt viele hierzulande auf, gerade in Zeiten, in denen Migration ohnehin ein sensibles Thema ist.

Rückführungen als wichtiges Symbol

Doch das Abkommen ist nicht nur auf Arbeitsmigration ausgerichtet. Ein wichtiger Punkt ist die Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern. Kenia soll künftig wieder Menschen aufnehmen, die in Deutschland keinen Asylstatus erhalten.

Für die Bundesregierung ein Erfolg – auch wenn es, wie gesagt, kaum Kenianer betrifft. Für Europa ist das eine Botschaft: Wir schaffen Rückführungen, wir setzen auf Kooperation mit Afrika.

Das Abkommen soll qualifizierte Arbeitskräfte, insbesondere aus Kenias IT-Sektor, nach Deutschland bringen – doch die nötigen Infrastrukturen sind kaum vorhanden.

Aber die Frage bleibt: Ist das wirklich der Durchbruch, den man sich erhofft? Kaum ein Land in Afrika ist wirklich scharf darauf, solche Rückführungsabkommen zu unterschreiben.

Kenia ist da die Ausnahme, nicht die Regel. Nigeria, wo viele Migranten herkommen, blockt solche Deals seit Jahren ab. Da hilft auch kein Druck aus Brüssel.

Ein Abkommen mit vielen Fragezeichen

Ob dieses Abkommen also wirklich die gewünschten Effekte hat, bleibt abzuwarten. Für Kenia ist der Deal innenpolitisch ein Trick: Jobs im Ausland klingen toll, Rückführungen sind leichter zu schlucken, wenn man positive Nachrichten mitbringt.

Für Deutschland ist es vor allem Symbolpolitik. Es geht darum, zu zeigen, dass man die Migration im Griff hat – auch wenn die Realität oft komplizierter ist.

Am Ende steht die Frage: Was bringt das Abkommen wirklich? Für den deutschen Fachkräftemangel bleibt es eine kleine Stellschraube, aber keine Lösung. Und die Rückführung weniger abgelehnter Kenianer ist vor allem ein symbolischer Erfolg – für beide Seiten.

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