14. November, 2024

Politik

Ein Leben in Farbe und Form: Zum Tod von Frank Auerbach

Ein Leben in Farbe und Form: Zum Tod von Frank Auerbach

Frank Auerbach, der am Montag im Alter von 93 Jahren verstarb, war der letzte Überlebende der Londoner Gruppe von Nachkriegs-Künstlern, zu der auch seine engen Freunde Lucian Freud und Leon Kossoff gehörten. Diese Künstler, bekannt für ihre Porträts und Landschaften, arbeiteten aus einem begrenzten Repertoire an Motiven und Orten und erhielten erst ab den 1990er Jahren weltweite Anerkennung als kreative Bewahrer der europäischen figurativen Tradition. Auerbachs Ausstellung 'The Charcoal Heads' im vergangenen Winter in der Courtauld Gallery unterstrich sein außergewöhnliches Talent als Zeichner und Psychologe, der das Wesen von Erscheinung und Charakter erforschte. Er vertrat die Auffassung, dass das individuelle menschliche Wesen von größtem Wert sei, und dies spiegelte sich in seinem Werk wider, das sich über mehr als ein halbes Jahrhundert erstreckte und sich entgegen den vorherrschenden Trends der Kunst entwickelte. Bei der Rückschau der Tate Britain im Jahr 2015 waren Auerbachs Darstellungen der Umgebung von Mornington Crescent und Primrose Hill sowie seiner Liebesbeziehungen zu Stella West und seiner Frau Julia inzwischen ikonisch für die moderne Kunstlandschaft geworden. Besonders beeindruckend war seine Arbeitsweise, Schichten von Farbe aufzutragen und wieder abzutragen, bis das Bild „zurückspricht“. Ein berühmter Moment dieser Herangehensweise ist sein humorvoller Kommentar zu einem Werk: 'Ich kann mich nicht erinnern, ob das ein Mann oder ein Betonmischer ist'. Frank Helmut Auerbach wurde 1931 in Berlin als einziges Kind jüdischer Eltern geboren und 1939 nach England geschickt, um der Verfolgung zu entkommen. Seine Eltern kamen 1942 in Auschwitz um. Diese tragische Vergangenheit prägte seine künstlerische Arbeit, die er als Versuch verstand, etwas Zeitloses zu schaffen. Nach seiner Ausbildung an St Martin's und dem Royal College of Art besuchte er Kurse von David Bomberg, die ihm prägende Einflüsse vermittelten. Eine bedeutende Rolle spielte zudem Stella West, die ihm als Modell und Muse diente. In den 1950er Jahren heiratete er Julia Wolstenholme, trennte sich jedoch bald wieder von ihr, obwohl er ab 1976 erneut Kontakt zu ihr suchte. Auerbach lebte und arbeitete in seinem Studio in Mornington Crescent, das er von Kossoff geerbt hatte, und zeichnete sich durch einen disziplinierten Alltag aus, der ihm auch in Zeiten finanzieller Not half. Sein Durchbruch kam mit der Retrospektive in der Hayward Gallery von 1978 und der Biennale von Venedig 1986, wo er den Goldenen Löwen gewann. Auerbach ließ sich vom Kunstmarkt nicht beeindrucken, blieb seiner langsamen, intensive Arbeitsweise treu und stellte nur selten der Presse Rede und Antwort. Für ein Interview mit der Financial Times im Jahr 2012 lud er zu einem schlichten Lunch in sein Studio ein, um von seinem Glück zu zeugen, dass er sein Leben der Malerei widmen durfte.