Ahmad Denno, ein seit zehn Jahren in Deutschland lebender Syrer, erlebt ein bisher unbekanntes Glücksgefühl angesichts der Nachrichten über den Sturz des Regimes, das seine Heimat Aleppo erschütterte. Zusammen mit zahlreichen Landsleuten feierte er spontan in den Straßen Berlins und vieler anderer deutscher Städte, die inzwischen das Zuhause vieler syrischer Migranten sind. Die politische Reaktion auf den Sturz Bashar al-Assads erfolgte umgehend. Inmitten der Unsicherheit über die zukünftige Lage in Syrien setzten mehrere europäische Länder die Asylverfahren für syrische Staatsangehörige aus. Konservative Politiker wiederum schlugen begeistert Rückkehrprogramme vor. Jens Spahn von der CDU regte an, jedem syrischen Rückkehrwilligen 1.000 Euro anzubieten, während Österreichs Regierung Vorbereitungen für Abschiebungen traf. Deutschland beherbergt mittlerweile fast eine Million Syrer, die nach Türken und Ukrainern die drittgrößte Minderheit bilden. Zehn Jahre nach der großen Migrationswelle von 2015/16 haben viele feste Wurzeln in Deutschland geschlagen. Die Beschäftigungsrate unter den syrischen Migranten wächst stetig in Bereichen wie Gesundheitswesen und Transport. Nahezu 200.000 syrische Kinder besuchen deutsche Schulen, viele von ihnen in Deutschland geboren oder zu jung, um sich an ein anderes Heimatland zu erinnern. Angesichts der Vorwürfe, Deutschland könnte die Rückkehr forcieren, weist Judith Kohlenberger, Migrationsforscherin aus Wien, auf Europas toxische Migrationsdebatte hin. Eine Rückkehr der Syrer hängt laut ihr mehr mit dieser Diskussion als mit der Situation in Syrien zusammen. Der Prozess der Einbürgerung Syriens in Deutschland hat an Dynamik gewonnen, wobei inzwischen 40% der Syrer bereits den Antrag gestellt haben. Ali Ghali, ein syrischer Software-Ingenieur, der 2015 nach Deutschland kam, hat diesen Schritt schon vollzogen und sieht seine Zukunft weiterhin in Deutschland. Für einige der jüngeren Migranten könnte Syrien bald wieder attraktiver erscheinen, gerade wenn langfristige Sicherheit Gewinne verspricht. Tandems aus zirkulären Migrationsbewegungen könnten entstehen, bei denen syrische Rückkehrer über Projekte der humanitären Hilfe oder Geschäftsanbahnungen zwischen beiden Ländern Brücken schlagen. Andere wie Nuar Albahra sehen sich indes von der Vergangenheit gelöst und suchen in Deutschland ein sicheres, wenn auch skeptisches Umfeld.