Milliarden für den Netzausbau – aber nur unter einer Bedingung
Ohne funktionierende Stromnetze keine Energiewende – das ist die Realität in Deutschland. Und kein Unternehmen spielt dabei eine größere Rolle als E.on.
Der Essener Konzern betreibt 700.000 Kilometer Stromleitungen, die den in Windparks und Solaranlagen erzeugten Ökostrom dorthin bringen sollen, wo er benötigt wird.
2024 investierte E.on 7,5 Milliarden Euro in den Netzausbau, stellte mehr als 4.000 neue Mitarbeiter ein und kündigte Investitionen in Höhe von 43 Milliarden Euro bis 2028 an.
Der Plan: Die Stromversorgung bis 2035 nahezu CO₂-frei zu machen. Doch nun droht Stillstand – denn E.on knüpft weitere Investitionen an eine zentrale Bedingung: höhere Renditen.
„Ohne bessere Rahmenbedingungen keine weiteren Investitionen“
„E.on ist auch weiterhin entschlossen, der Spielmacher der Energiewende in Europa und Deutschland zu sein“, betonte CEO Leonhard Birnbaum bei der Vorstellung der Jahresbilanz. Doch dann folgte das große „Aber“:
„Solange wir keine Transparenz über die deutsche Regulierung haben, werden wir unser Investitionsprogramm bis auf Weiteres nicht ausweiten.“
Der Grund: Die Bundesnetzagentur hat für die Zeit ab 2029 keine höheren Verzinsungen auf das eingesetzte Kapital zugesagt. Aus Sicht von E.on ein Problem: „Ohne signifikante Verbesserungen durch den Regulierer werden private Netzinvestitionen nicht mehr im erforderlichen Maße nach Deutschland fließen oder sogar abgezogen.“
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Das bedeutet: Ohne eine höhere Eigenkapitalrendite werden Milliarden-Investitionen ausgebremst – mit gravierenden Folgen für die Energieversorgung.
Deutschland droht ein massives Infrastrukturproblem
Ein drohendes Investitionsmoratorium von E.on ist für die Bundesregierung ein denkbar schlechtes Szenario. Die Energiewende steht und fällt mit leistungsfähigen Stromnetzen.
Schon heute ist das Stromnetz an vielen Stellen überlastet, sodass mehr als vier Prozent der deutschen Ökostromproduktion abgeregelt werden musste – weil der Strom nicht abtransportiert werden konnte.
Die Folge: Milliardenschwere Entschädigungszahlungen an Wind- und Solarparkbetreiber. Im Jahr 2023 musste die Bundesnetzagentur allein für Netzengpässe 3,1 Milliarden Euro aufwenden.
Investoren schauen auf die Rendite – und ziehen Kapital ab
E.on ist nicht allein mit seiner Forderung nach höheren Eigenkapitalrenditen. Auch der Netzbetreiber Amprion warnt, dass die aktuelle Regulierung Investitionen unattraktiv macht.
„Wir brauchen eine Eigenkapitalverzinsung von über 7,5 Prozent nach Steuern – das entspricht rund 9 Prozent vor Steuern“, sagte Amprion-Chef Christoph Müller.
Zum Vergleich:
- Die Bundesnetzagentur legte zuletzt 7 Prozent Eigenkapitalverzinsung für Neuanlagen fest – zu wenig, um Investoren anzulocken.
- Andere europäische Länder haben nach der Zinswende die Eigenkapitalrenditen für Netzbetreiber erhöht – nur Deutschland nicht.
Ergebnis: Internationale Investoren weichen auf Länder mit höheren Renditen aus – etwa nach Schweden, Finnland, Polen oder Tschechien.
Steigende Netzkosten – auf wessen Kosten?
Ein weiteres Problem: Der Stromnetzausbau gehört bereits zu den teuersten Komponenten der Energiewende. Die Kosten werden größtenteils auf die Stromkunden umgelegt. Schon heute machen die Netzentgelte rund ein Viertel der Stromrechnung aus.
- Sollten die Renditen steigen, könnten auch die Netzentgelte weiter anziehen – was letztlich höhere Strompreise für Verbraucher und Unternehmen bedeuten könnte.
- Sinken die Renditen zu stark, stockt der Ausbau der Netze – mit der Folge, dass die Energiewende ins Hintertreffen gerät.
Die Bundesregierung steht vor einem Dilemma: Erhöht sie die Renditen für Netzbetreiber, steigen die Kosten für Verbraucher. Tut sie es nicht, droht eine Investitionslücke, die das gesamte Projekt Energiewende gefährdet.
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