16. Januar, 2025

Politik

Dreimal so groß wie Europas Flotte? Erdogans ambitionierte Weltraumpläne

Die Türkei strebt nach den Sternen: Mit einem eigenen Navigationssatellitennetz und einer Mondmission will Präsident Recep Tayyip Erdogan sein Land zu einer Raumfahrtnation machen. Was steckt hinter den Plänen – und was ist realistisch?

Dreimal so groß wie Europas Flotte? Erdogans ambitionierte Weltraumpläne
Kleine Satelliten, große Ziele: Die Türkei will ein eigenes Navigationsnetz mit bis zu 100 leichten Satelliten aufbauen. Doch Experten zweifeln an der technischen Präzision.

Start in die Weltraumära

Eine Rakete von SpaceX, beladen mit über 100 Kleinsatelliten, hebt am 14. Januar 2025 in Florida ab. Einer davon ist ein ganz besonderer: Der erste von der Türkei entwickelte Navigationssatellit.

Für Präsident Recep Tayyip Erdogan ist das mehr als ein technologischer Meilenstein – es ist ein Symbol nationaler Stärke und Unabhängigkeit.

„Unser Ziel ist es, selbstständig in den Weltraum zu fliegen“, verkündet Selçuk Bayraktar, Chef des Raumfahrtunternehmens Fergani Space und Schwiegersohn von Erdogan, stolz.

Sein Unternehmen, Teil der Baykar-Gruppe, die für ihre Drohnentechnologie bekannt ist, hat den Satelliten entwickelt.

Doch der Start markiert erst den Anfang eines weit größeren Vorhabens: Die Türkei will ein eigenes Navigationssatellitennetz mit bis zu 100 Satelliten aufbauen, das sowohl zivile als auch militärische Zwecke erfüllen soll. Ein Vorhaben, das in Dimension und Ehrgeiz selbst das europäische Galileo-Netz übertrifft.

Satellitenflotte in Miniaturformat

Die Idee hinter dem Projekt ist pragmatisch. Statt wie Europa auf große und teure Satelliten zu setzen, setzt die Türkei auf kleine, leichte Modelle von etwa 100 Kilogramm, die in niedriger Erdumlaufbahn operieren sollen. Die Vorteile: geringere Kosten und schnellere Produktion.

Doch mit der Miniaturisierung kommen auch Fragen. Während Europas Galileo-Satelliten präzise Ortung dank modernster Atomuhren bieten, bleibt unklar, welche Genauigkeit die türkischen Satelliten erreichen. Zudem ist die Abhängigkeit von Zulieferern aus dem Ausland ein Problem. Wichtige Technologien, wie die Atomuhren, kommen möglicherweise nicht aus der Türkei.

Von Florida aus ins All: Die erste Mission eines türkischen Navigationssatelliten wurde von SpaceX durchgeführt. Eigenständige Starts bleiben ein langfristiges Ziel.

Von Drohnen zu Raketen

Die Raumfahrt ist für Erdogan nicht nur ein technologisches Projekt, sondern ein geopolitisches. In den letzten Jahren hat sich die Türkei vom Importeur militärischer Technologien zum Exporteur entwickelt. Besonders die Drohnen der Baykar-Gruppe sorgten international für Aufsehen, nicht zuletzt im Ukrainekrieg.

Nun soll die Raumfahrt zur nächsten Erfolgsgeschichte werden. Neben dem Satellitennetz verfolgt die Türkei auch Pläne für eigene Raketenstarts und eine Mondmission. Doch die bisherigen Erfolge basieren auf Partnerschaften mit Unternehmen wie SpaceX – eigene Raketen sind noch Zukunftsmusik.

Ein Mondtraum mit vielen Hindernissen

Der ehrgeizigste Teil von Erdogans Raumfahrtplänen ist das sogenannte AYAP-Programm, eine Mondmission. Ursprünglich sollte bereits 2023 eine türkische Sonde auf dem Mond landen – pünktlich zum 100. Jahrestag der Gründung der Republik. Doch das Vorhaben verzögerte sich. Nun ist die Mission für 2026 geplant, erneut mit einer SpaceX-Rakete.

Mondambitionen: Erdogans Vision einer türkischen Landung auf dem Mond verzögert sich. Die erste Mission ist nun für 2026 geplant.

Langfristig strebt die Türkei an, eine unbemannte Landung auf dem Mond aus eigener Kraft durchzuführen. „Wir wollen ein eigenständiger Akteur in der Raumfahrt werden“, betont Bayraktar.

Ein Startplatz in Afrika?

Ein eigenes Raumfahrtprogramm bedeutet auch die Entwicklung von Raketen und Startplätzen. Hier hat die Türkei bereits Somalia ins Auge gefasst. Die Nähe zum Äquator macht das Land ideal für Raketenstarts, da sie dort mit weniger Energieaufwand höhere Umlaufbahnen erreichen können.

Doch der Plan ist geopolitisch heikel. Somalia ist stark von der Türkei abhängig, und die Zusammenarbeit könnte international kritisch betrachtet werden – insbesondere, wenn die Raketen auch militärisch genutzt werden könnten.

Ein ehrgeiziger Aufbruch mit Fragezeichen

Die Türkei hat mit ihrem Raumfahrtprogramm zweifellos eine klare Vision: technologische Unabhängigkeit und internationale Anerkennung. Die bisherigen Fortschritte, von Drohnen über Satelliten bis zur Mondmission, sind beeindruckend. Doch die Pläne stehen vor gewaltigen Herausforderungen – technologisch, finanziell und geopolitisch.

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