Hightech aus Hilden: Revolution in der Forensik
Im beschaulichen Hilden bei Düsseldorf entstehen Technologien, die weltweit für Aufsehen sorgen. Die DNA-Analysegeräte des DAX-Konzerns Qiagen gehören zur Spitze forensischer Forschung. Selbst kleinste Spuren, etwa Hautschuppen oder einzelne Zellen, können mit den Geräten analysiert werden.
„Damit lassen sich Massenvergewaltigungen oder komplexe Schlägereien mit mehreren Tätern und Opfern aufschlüsseln“, erklärt Pia Jores, Forensik-Expertin bei Qiagen.
In den vergangenen Jahren konnten dank dieser Technologie zahlreiche „Cold Cases“ gelöst werden. Doch was international als Durchbruch gefeiert wird, trifft in Deutschland auf eine Mauer aus Gesetzen und ethischen Bedenken.
Verbotene Erkenntnisse: Warum Deutschland zögert
Eine der umstrittensten Anwendungen der DNA-Analyse ist die sogenannte biogeografische Analyse. Dabei wird ermittelt, aus welcher geografischen Region eine Person stammt. In Ländern wie den USA ist dies ein gängiges Mittel der Polizeiarbeit. In Deutschland hingegen ist diese Methode verboten – aus Sorge vor Diskriminierung und Vorurteilen.
„Es ist paradox, dass wir Haarfarbe und Augenfarbe auswerten dürfen, die Herkunft aber nicht“, kritisiert Katja Anslinger, Leiterin der „Spurenkommission“ der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin.
Sie argumentiert, dass biogeografische Daten Ermittlungen effizienter und präziser machen könnten, ohne dabei ethische Grenzen zu überschreiten.
Gedmatch und der „Golden State Killer“
Ein prominentes Beispiel für die Möglichkeiten der DNA-Technologie ist der Fall des „Golden State Killers“. Die US-Polizei nutzte die Datenbank Gedmatch, die seit 2023 zu Qiagens Portfolio gehört, um über DNA-Spuren von Verwandten den Serienmörder Joseph James DeAngelo aufzuspüren.
Während diese Methode in den USA und Schweden bereits mehrfach zum Erfolg geführt hat, bleibt sie in Deutschland tabu. „Für Ermittlungen in Deutschland sind solche Plattformen nicht zugelassen“, erklärt Anslinger. Selbst die Suche nach unbekannten Toten bewegt sich hierzulande in einem rechtlichen Graubereich.
Datenschutz vs. Aufklärung: Ein Land im Zwiespalt
Während Ermittler und Forensiker auf eine Lockerung der Vorschriften drängen, sind Datenschützer alarmiert. „Die Analyse biogeografischer Daten birgt das Risiko, ganze Bevölkerungsgruppen zu diskriminieren“, warnt Meike Kamp, Datenschutzbeauftragte von Berlin. Auch der bayerische Datenschutzbeauftragte sieht die Technik kritisch und verweist auf mögliche Vorverurteilungen.
Dem gegenüber steht die Einschätzung des hessischen Landeskriminalamts, das die Nutzung der biogeografischen Analyse ausdrücklich begrüßen würde. „Die derzeitige Gesetzeslage kann dazu führen, dass falsche Phänotypen bestimmt werden, was die Ermittlungen erheblich beeinträchtigen kann“, heißt es vonseiten des LKA Hessen.